Sonntag, 24. April 2016

Zwischen Petersburg und Suzdal – erste Eindrücke


Mittlerweile sind wir in dem kleinen geschichtsträchtigen Städtchen Suzdal angekommen. Suzdal gilt als das sehenswerteste Örtchen derer, die sich auf der Ringstraße oberhalb von Moskau, dem „Goldenen Ring“, wie Perlen auf einer Schnur aneinander reihen. Nicht umsonst besteht zwischen Rotenburg o.d.Tauber und Suzdal eine Städtepartnerschaft.

Suzdal
Die, von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärten Kirchen, Klosteranlagen, Festungen oder sehenswerte Altstädte, geben sich hier quasi die Hand. Nirgends in Russland gibt es so viele gut erhaltene oder wieder restaurierte Kulturgüter zu sehen wie hier. Außer in St. Petersburg natürlich. 


Dies ist allerdings nicht allein der Grund, der uns hierher geführt hat. Suzdal verfügt, neben St. Petersburg und Moskau, über einen der wenigen, dem europäischen Standard entsprechenden Campingplätze Russlands und demnach auch über eine Waschmaschine. Vorrangig wollten wir uns und unseren Wäscheschrank einer Generalsanierung unterziehen, bevor wir die nächsten 3000 km unter die Räder nehmen. Ab hier geht es, meist der M7 folgend, Richtung Osten. Zuerst führt die Route noch ein Stückchen an der gewaltigen Wolga entlang, bevor sie sich hinter dem Ural in endlosen Birkenwäldern verliert.

Auf dem Weg hierher lag in Puschkin der Katharinenpalast verkehrsgünstig am Wegesrand, was uns trotz begrenzter geistiger Aufnahmefähigkeit dazu veranlasste, hier einen kurzen Sightseeingstop einzulegen. An diesem fast schon frühlingshaften Wochenende besuchten auch viele Russen das Schloss und die Parkanlangen. Wir genossen den Spaziergang durch die weitläufigen Gärten ebenfalls. 



Karl-Heinz wollte sich gerne das zwischenzeitlich nachgebaute Bernsteinzimmer ansehen. Vielleicht waren wir von St. Petersburg noch etwas übersättigt, aber so atemberaubend fanden wir das Palastinnere inklusive dem sagenumwobenen Zimmer nicht. Viel beeindruckender fand Iris die Bilder kurz vor Ende des Rundgangs – sie zeigten einen ausgebrannten, in weiten Teilen zerstörten Palast und dokumentierten den Wiederaufbau des Schlosses.

Die Pracht der Schlösser steht im krassen Gegensatz zu dem Alltagsleben, das wir im Vorbeifahren mitbekommen. Der Straßenbelag ist häufig mit vielen Schlaglöchern und Spurrillen durchsetzt. Die entlang der Hauptverkehrsstraße liegenden Holzhäuschen sind teils windschief und halb verfallen. Und doch scheinen in vielen dieser Häuser Menschen zu leben. Auch in die Renovierung der Kirchen und Klöster wurde, zumindest in der Gegend rund um Moskau, reichlich investiert.

Die Sophienkathedrale in Weliki Nowgorod oder auch die Klosteranlage von Sergijew Possad, die ebenfalls an unserem Weg lagen, erstrahlen teilweise in üppigem Glanz. Kaum vorstellbar, das religiöses Leben in Russland zu Sowjetzeiten faktisch nicht existierte und sakrale Bauten zu Museen, Wohnungen oder Verwaltungsgebäuden umgewidmet waren. Viele standen einfach leer und waren so dem Verfall preisgegeben.

Sophienkathedrale
Klosteranlage Sergijew Possad
Auf dem Weg nach Suzdal war die Suche nach geeigneten Übernachtungsplätzen nicht immer einfach. Die Wälder, an denen wir vorbeifahren, sind meist zu sumpfig, die Waldwege in dieser Jahreszeit zu nass um befahren zu werden. Iris kann zwar unter Zuhilfenahme der Mapswithme-Karten-App auf ihrem Pad das ein oder andere „Leckerli“ ausfindig machen. 

Übernachtungsplatz Weliki Nowgorod
Eine große Auswahl haben wir bei der Stellplatzsuche nicht. Einmal führte uns der Abstecher von der Hauptstraße direkt zu einer riesigen, im Wald versteckten Raffinerie. Ein andermal hörte der, die nahe gelegene Straßenbaustelle versorgende LKW-Verkehr die ganze Nacht nicht auf zu rollen. Was uns in keiner Weise daran hindert, jede Nacht wie die Bären fest und gut zu schlafen.

Verfallen und verlassen schien uns auch eine ehemalige Kolchose, die wir uns kurz vor Suzdal als Übernachtungsplatz ausgesucht hatten. In den Angeln hängende Tore, löcherige Dächer, Gras in den Ritzen der Bodenplatten. Wir hatten wenig Alternativen, also fuhren wir auf das Gelände. Kaum hatten wir uns eingerichtet, kam auch schon eine Dame daher gefahren und fragte nach, was wir hier den wollten. Nicht, dass wir sie wirklich verstanden hätten. Die Russen plappern einfach in ihrer Sprache und wir in unserer, mit ein paar Brocken Englisch versetzt und prompt weiß jeder was gemeint ist. Schließlich durften wir auf ihrem Gelände bleiben und die Arbeiter, die am Morgen mit ihren Traktoren Dinge verschoben, waren bereits schon über unser Woher und Wohin informiert. 

Sofern ein internetfähiger Computer in der Nähe ist, wie hier am Campingplatz, kommt bei Verständigungsproblemen schon mal ein Übersetzungsprogramm zum Zuge. Er junge Rezeptionist schrieb auf Russisch, Iris las die englische Übersetzung und tippte Englisch zurück. Mit dem kyrillischen Alphabet sind wir mittlerweile vertraut, wobei die anfänglich zweisprachige Darstellung auf den Ortseingangstafeln Iris als Leseübung diente. Als Beifahrer hat sie in diesem weiten, großen Land, indem die Straßen meist gerade ausgehen, durchaus Muse dazu.

Russland ist sicherlich sehr anders, als andere Länder, die wir bisher bereist haben. Anderseits wirkt es auch seltsam vertraut. Vielleicht liegt es daran, dass wir letztes Jahr viel Zeit in Polen verbrachten und unsere Anreise über das Baltikum, mit seiner sowjetischen Vergangenheit, uns langsam an dieses Land heranführte. Eine Leninstatue fanden wir bisher in jedem Ort, aber auch Zeugen westlicher Kultur sind hier und da zu finden. Dieser Donald mag zwar nicht ganz den Disney Style Guide – Normen entsprechen, aber Mickey Mouse, MacDonald und Burger King sind mittlerweile fester Bestandteil des Straßenbildes.

Gesehen in Weliki Nowgorod
Moskau haben wir ausgelassen. Iris kennt die Stadt aus der Zeit, als sie beruflich viel unterwegs war. Hilmar und Karl-Heinz hatten keinerlei Interesse, Moskau mit dem Auto zu erobern. So sind wir auf dem äußeren Umfahrungsring geblieben, wobei uns die kleinen Städte, die wir durchfuhren, verkehrstechnisch schon gereicht haben. Die Russen überholen gerne auch an Stellen, die sich aus unserer Sicht überhaupt nicht dafür eignen. 

Als Fahrer weiß man nie, ob nicht gleich ein anderes Fahrzeug rechts oder links vorbei schießt. Als erleichternd empfinden wir den zeitlichen Hinweis an den Ampeln, wie lange die jeweilige Ampelphase noch andauern wird. Hilmar, der mit unserem Jonny meist voran fährt, kann seinen Fahrstil dementsprechend anpassen und darauf achten, dass wir Karl-Heinz nicht abhängen.


Ab jetzt wird es kulturell um einiges ruhiger werden. In den nächsten Wochen werden wir unser Ziel, die Mongolei, nicht mehr aus den Augen lassen! Laut unserem Navi sind es bis Novosibirsk 3100 km. Von dort geht es durch das Altaigebirge endlich in die Mongolei!

Stadtansicht Sergijew Possad

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Ihr Beide!

Tolle Bilder! Interessanter Text.
Schöne Gegend!
Immer wieder schön mit euch mitzureisen:-))
Genieße es. Gute und sichere Fahrt.
een heel dikke drukker!
aus das eisig kalte Freising. mit Schneegestöber.