Donnerstag, 16. April 2015

Zurück in Deutschland

Wir können es selbst noch nicht glauben, aber um uns herum wird wieder deutsch gesprochen. Vorbei die Zeit, in der wir häufig auch Hände und Füße zum Reden benutzen mussten. Am 27. März haben wir nach zügiger, wettermäßig gar nicht frühlingshaft anmutender Fahrt bei Freiburg die Grenze passiert. Tagesgenau 8 Monaten vorher hatten wir uns in Rotterdam eingeschifft, um nach Schottland zu fahren. 

Biergärten gibts halt nur in Bayern

Wie wir uns nach all der Zeit fühlen? Bereichert und beschenkt trifft es wohl am besten. Wir werden noch ein bisschen brauchen um all das Erlebte zu verarbeiten. Das Kopfkino schickt beständig neue Filme, wobei die Zeit in Marokko sicherlich die intensivsten Eindrücke hinterlassen hat. Es war neu, aufregend und anders. Auch die anderen Länder, insbesondere Schottland und die Bretagne, tauchen immer wieder auf und triggern Erinnerungen an ursprüngliche Landschaften, Klippen, Meer und Seen. 
 
Wenn der Wettergott bessere Laune gehabt hätte, hätten wir uns für die Rückfahrt durch Spanien und Frankreich wahrscheinlich mehr Zeit gelassen. Aber pünktlich mit dem Einschiffen in Tanger Med begann der Himmel sich zu verdunkeln und die Temperaturen sanken in den Keller. Von Frühling war auf der ganzen Fahrt wenig zu spüren.
Fährhafen Tanger Med
Um einigermaßen heil durch diese Tage zu kommen, wurden wieder Mütze und Handschuhe aus der hinteren Ecke unserer Kleiderkammer herausgeholt. Im Norden Spaniens ging der dort einsetzende Nieselregen sogar noch in Schnee über! Vielleicht hätten wir doch noch 3 Wochen länger in Marokko bleiben sollen? Aber das Wetter ist nicht der einzige Maßstab. Wir freuten uns auf die Menschen, die wir unterwegs noch besuchen wollten und der Termin für das erste Familienfest, am 19. April, stand unverrückbar im Raum. Außerdem sehnte sich Hilmar seit Weihnachten nach seinem Zahnarzt, da ihn hin und wieder, manchmal mehr, manchmal weniger, ein ganz bestimmter Zahn ärgerte. Sicherlich gibt es auch in Marokko Zahnärzte, aber denen traute er nicht über den Weg. In einem Land, indem viele Menschen sehr früh kaum mehr Zähne im Mund haben, steht der Zahnerhalt oft nicht an oberster Stelle. Daher galt die Devise, lieber Zähne zusammenbeißen und durchhalten.



Übernachten in Montemolin, Südspanien
Salamanca
In Spanien führte uns unsere Route in 4 Tagesetappen über Sevilla, Salamanca nach San Sebastian und Biarritz. Die gut ausgebauten, fahrzeugleeren und mautfreien 4 spurigen Straßen, bringen dich in Spanien gut voran. Neben dem Kilometerfressen nahmen wir uns die Zeit, mittags in einer der unzähligen, am Wegesrand liegenden Fernfahrerkneipen, für wenig Geld gut zu speisen und am Abend nach einem schönen, unserer Stimmung entsprechenden Übernachtungsplatz Ausschau zu halten. Salamanca haben wir einen Besuch abgestattet und, nachdem wir zentrumsnah an der alten Römerbrücke auf einer Tankstelle stehen und übernachten durften, zu Fuß die Stadt erkundet. Gerne hätten wir die berühmte Kirche besichtigt, aber leider waren wir zu spät dran. Wir durften nicht mehr hinein. Der Wind pfiff durch die Gassen und so blieb uns nichts anderes übrig, als unseren Spaziergang in einem kleinen Kaffee am Hauptplatz zu beenden, wo wir uns erst einmal die kalt gefrorenen Finger am heißen Kakao erwärmten.

In Biarritz haben wir uns persönlich vom Atlantik, den wir jetzt sicherlich für eine längere Zeit nicht mehr sehen werden, verabschiedet. Schnell war ein geeigneter Parkplatz gefunden. Bei dem Wetter war ja auch keiner unterwegs! Alles grau in grau. Der Atlantik war die ersten 4 Monate immer rechts von uns, über Wochen haben wir täglich das Rauschen der Wellen gehört und wenn wir zurückblicken, war da am Anfang der Reise auch eine große Sehnsucht – endlich ans Meer! Den Blick in die Ferne schweifen lassen, Horizont und Weite genießen, sich vom schottischen und irischen Wind durchpusten lassen. Genau das Richtige, um im Inneren „klar Schiff“ und somit Platz für all die neuen Eindrücke und Erfahrungen zu machen, die vor uns lagen.

Biarritz

Unweit von Biarritz wollten wir auf dem Campingplatz „Lou Bascou“, auf dem wir uns auf dem Hinweg so wohl gefühlt hatten, eine kleine Pause einlegen. Dort angekommen, waren und blieben wir die einzigen Gäste, denn der Platz war eigentlich noch geschlossen. Die Besitzerin freute sich allerdings so sehr über unser Erscheinen, dass wir trotzdem bleiben durften – was wiederum uns sehr freute, denn wir hatten einen Tag Ruhepause mit warmer Dusche dringend nötig.

Die Brücke bei Sabine vor dem Haus
Die Sonne spitzte erst ein paar Tage später, in Argentat im Dordogne-Tal, wieder zwischen den Wolken hervor. Unsere frühere Nachbarin Sabine, mit der wir in Langenbach 11 Jahre Tür an Tür gelebt hatten, hat sich dort zwischenzeitlich einen Lebenstraum erfüllt und eine kleine Pension übernommen (www.perigord-chambres.info). Das Haus ist idyllisch direkt am Fluss gelegen, die Renovierung fast abgeschlossen, Gäste herzlich willkommen und wer gerne Forellen angelt, Kanu fährt, wandert oder einfach nur die gute Küche schätzt, ist dort gut aufgehoben. Der Empfang war herzlich und wir konnten nach all den Monaten langsam mit unserer Vergangenheit auf Tuchfühlung gehen. Die Matratzen haben wir allerdings nicht getestet. Das Schlafen in einem Haus „mit richtigen Betten“ haben wir noch ein bisschen aufgeschoben. 

Familienanschluss in der Pfalz
Mittlerweile ist unser Jonny zumindest innen wieder sauber, sämtlicher Saharasand rausgesaugt und die Betten gelüftet. Bei Iris Bruder in der Pfalz nahmen wir die Gelegenheit war, unseren Jonny zum TÜV zu fahren, den er natürlich ohne Mängel bestand und, was noch viel wichtiger ist, ihm endlich ein H auf dem Nummernschild einbrachte. Jetzt ist es quasi amtlich – wir haben einen Oldtimer und das ist gut so. Auch die Angel, die Hilmar zum Abschied geschenkt bekommen hatte, kam zu guter Letzt doch noch zum Einsatz und wir zu leckeren Forellen, die wir noch am gleichen Tag verspeisten. Es werden hoffentlich noch viele folgen!




Seit 2 Wochen tauchen wir wieder in den Alltag ein, jeden Tag ein bisschen mehr. Die Post, die sich in den letzten 9 Monaten angesammelt hatte, erwartete uns bei unseren Freunden in Winterrieden. Sie war dank der guten Vorsortiertung schnell gesichtet, womit Zeit genug für Plausch und Austausch blieb. 

Der Frühling liegt in der Luft und erinnert uns täglich daran, dass das Jahr ja erst anfängt. In unserer Zeitlosigkeit ist uns das Gefühl für die Jahreszeiten etwas abhandengekommen. Jetzt liegt die Kunst darin, sich die Ruhe und Gelassenheit, die wir aus Marokko mitgebracht haben, zu bewahren. Weiterhin einen Schritt nach dem anderen zu tun und sich nicht von der Hektik um uns herum anstecken zu lassen. Im Einklang mit sich zu bleiben und die nächsten Wochen, die wir in Deutschland verbringen werden, als Teil der Reise zu begreifen. Möge die Übung gelingen!

Frühling in der Maisinger Schlucht