Mittwoch, 24. September 2014

Bei Obelix zu Besuch

Bevor wir wieder „on tour“ gehen, gibt’s ein paar Zeilen aus der Bretagne, wo wir die letzten Tage einen entspannten und dringend nötigen Badestopp eingelegt hatten. Jawohl! Mitte September in der Bretagne! Die Sonne scheint immer noch, die See ist meist ruhig und erst heute frischt der Wind wieder auf.
Menhir de Men Marz



Nach unserer Ankunft im Finistere, der äußersten westlichen Ecke Frankreichs, wurden die Tagesetappen immer kürzer und das Hirn immer leerer. Dem „Geheimtipp“ eines Reisenden, den wir an unserem ersten Übernachtungsstopp trafen, folgend, fuhren wir von Carantec aus (Lecker Muscheln!) immer an der Küste entlang Richtung Westen. Der einsame Übernachtungsplatz in den Dünen lockte und wir ließen viele mögliche, sicherlich sehr friedvolle Stellplätze, die am Wegesrand lagen, aus. Das Ziel waren die Dünen von Lampaul-Ploudalmézeau. Bei Ebbe soll man noch Wrackteile des Tankers Amoco Cadiz sehen können, der hier vor vielen Jahren gestrandet ist und durch das auslaufende Öl eine der größten Umweltkatastrophen der Bretagne ausgelöst hatte. Wir haben sie aber nicht entdeckt. Der Strand dort ist wunderschön, und auch den Stellplatz haben wir gefunden. Es hätte eine sehr friedliche und idyllische Nacht werden können, wäre nicht kurz nach unserer Ankunft ein umgebauter Möbellaster mit 3 jungen Männern im Gepäck angekommen. Eine junge Dame kam mit dem PKW hinterher und eh wir es uns versahen, hatten verschiedenste schlaftaugliche Fahrzeuge um uns herum geparkt und ca. 15-20 junge Menschen veranstalteten eine Strandparty! Zugegeben, die Musik war gut, da bretonisch Techno, aber eigentlich hatten wir uns die Nacht anders vorgestellt. Wir sollten in Zukunft im Bezug auf Übernachtungsplätze doch eher unserer Intuition und nicht den Empfehlungen anderer folgen. Auch die nächste Nacht ein paar Kilometer weiter war unruhig, hatten sich doch gleich mehrere Stechmücken in unserem Auto ein Stelldichein gegeben.

Frühstück mit Huhn

Chapelle de St Méen
Daher haben wir gezielt nach einem kleinen Campingplatz gesucht, auf dem wir für ein paar Tage den Anker auswerfen durften. Es war Zeit, die Seele nachkommen zu lassen. Mittlerweile sind wir 2 Monate unterwegs und haben, ohne Anreise, nach Schottland und Irland den dritten Kulturkreis betreten. Da braucht es zwischendrin auch eine „Verdauungspause“. In Camaret-sur-Mer auf der Crozonhalbinsel, südlich von Brest, sind wir fündig geworden. Kleines, leger geführtes Areal, Strand vor der Tür, herzliche Gastgeber und viele Hühner, die morgens in Scharen angetappst kamen, um sich die Reste des Frühstücks einzuverleiben
Unser Hausstrand
(www.trezrouz.com) . Eines wäre ja fast auch in den Kochtopf gesprungen, aber leider ist aus dem „Coque á vin“ nichts geworden! Seit Uig auf der Isle of Skye in Schottland sollte dies der erste Übernachtungsstopp mit mehr als 2 Nächten an einem Ort werden. Heute werden wir die 5te Nacht hier verbringen, aber die Zeichen stehen wieder auf Aufbruch. Das Motorrad, das für die täglichen Einkäufe im Ort sehr hilfreich ist, wurde eben wieder verstaut und die Wäscheleine eingezogen. Dies geschieht eher absichtslos, aber an dem was wir tun, sehen wir auch, was wir tun werden! So ist das mittlerweile.

Menhir de Kerloas















Wir kommen dem absichtslosen, bedürfnisorientierten Reisen immer näher. Vielleicht hat aber auch Obelix mit seinen vielen Hinkelsteinen die Finger im Spiel gehabt, denn mit denen fing alles an. Kaum hatten wir rein zufällig den ersten Menhir, Menhir de Men Marz, am Straßenrand entdeckt, ist bei Iris das „Steinesammelfieber“ ausgebrochen und sie hat alle auf der Karte und im Reiseführer angegebenen Menhire und Dolmen, die auch nur ansatzweise auf unserer Route liegen könnten, markiert. Hilmar blieb dann nichts anderes übrig als per GPS von Hinkelstein zu Hinkelstein zu fahren. 

Menhirs les Langatjar

Pointe de St Mathieu
Viele Menschen fahren extra wegen der Steine hierher. Uns sind sie quasi rein zufällig vor die Füße gefallen, hatten wir uns doch im Vorfeld wenig Gedanken darüber gemacht, was uns in der Bretagne erwarten würde. Nun sind wir erst einmal gesättigt und gut erholt. Auch wenn es uns hier ausnehmend gut gefällt und es viel zu entdecken gibt,  zieht es uns weiter in den Süden. Die bretonische Küste ist mit einer Tide von bis zu 8 Metern, vielen kleinen Stränden und den Kreuzen und Kirchenruinen, die es zu bestaunen gibt, sehr abwechslungsreich. Die immer wiederkehrenden Festungs- und Bunkeranlagen aus den letzten Kriegen, erinnern eindrucksvoll an unsere jüngere Vergangenheit und sind hier allgegenwärtig.

Trotz all dem werden wir morgen wohl ein Stück weiter ziehen. Wir hoffen, dass uns das jahreszeituntypische, ausnehmend gute Wetter, noch ein Stück begleiten wird.




 
Wo ist das Meer?


Montag, 15. September 2014

Die grüne Insel

Irgendwie fühlt sich das Leben hier anders an. Das Licht ist weicher, die Temperaturen freundliche 5 -10 Grad wärmer und beim Betreten der ersten Boulangerie am Morgen, genoss Iris den köstlichen Geruch von frisch gebackenem Brot, Croissants und leckeren Patisserie Teilchen!
Sonntagmorgen um 6 Uhr, es war noch stockdunkel, sind wir mit der Brittany Ferrys in Roscoff angelandet und als 4tes Fahrzeug von der Fähre gerollt. Noch etwas durcheinander vom frühen aufstehen und auf der Suche nach einem Cafe au lait, sind wir zielsicher bei einem großen Wein und Bier Supermarkt gelandet, an dem JEDER, der von der Fähre kommt, vorbei muss. Davor: jede Menge Autos mit englischen Kennzeichen; innen: jede Menge Männer, die mit einer Tasse Kaffee in der Hand die Vorräte für den bevorstehenden Urlaub zusammenhamsterten. Was dazu führte, dass auch wir als erste Tat auf französischem Boden unsere Weinvorräte aufstockten und dafür mit einer Tasse Kaffee belohnt wurden. Ein ausgeklügeltes, sehr erfolgsversprechendes Unternehmenskonzept!

Fuchsien-Hecken überall
Die Tage in Irland haben wir sehr genossen. Das Wetter war untypisch sonnig, fast heiß, der Himmel oft blau. Wer jetzt aber atemberaubende Fotos von der Küste erwartet, wird enttäuscht werden. Dies liegt einerseits an dem für diese Jahreszeit typischen Dunst, der jedem Bild einen Grauschleier verpasst. Andererseits aber auch an der Route, die wir für unseren Irlandaufenthalt gewählt hatten. Wir hatten Lust auf alte Mauern, Städte und Besichtigungen. Auch ist Irland für uns, speziell für Iris, kein unbekanntes Land, hat sie doch in den 80er und 90ern viele Male diese wunderbare Insel bereist und auch ihre Kindheit hier verbracht. Zwischen unserem letzten – dem einzig gemeinsamen Besuch in Irland und jetzt-  liegen 16 Jahre. Sehr entscheidende Jahre für den Charakter des Landes. Dazwischen liegt der Boom, der zeitgleich mit den Milleniumsfeiern von 2000 einsetzte. Viele neue Häuser, viele neue Autos, viele neue Straßen, die auf unserem Kartenmaterial von 1998 noch nicht mal als angedachte Linien eingezeichnet waren. Autobahnen sind entstanden, viele Städte haben eine Ortsumgehung bekommen und die Mobilität im Land hat zugenommen. Es ist einerseits sehr segensreich, verändert aber auch den Zugang zu Land und Leuten.

Bushmills in englischen Farben
Wir hatten 14 Tage Zeit, das neue alte Irland zu erkunden. Mittlerweile ist vom Boom nicht mehr viel zu spüren und die jungen, gut ausgebildeten Iren verlassen wie früher das Land, um woanders eine entsprechende Arbeit zu finden. Eigentlich ist alles wie früher, nur die Infrastruktur hat sich verändert. Ein Ire, mit dem wir sprachen, meinte auch, es sei sehr segensreich, dass Aldi und Lidl Einzug gehalten hätten im Land, denn nun könnten die Familien endlich mal zu günstigen Preisen einkaufen. Das dies ein Sterben der kleinen Läden mit sich bringt und zu verwaisten Schaufenstern in den Ortszentren führt, schien ihm nichts auszumachen.

Friedensdenkmal in Derry







Trotz aller Veränderungen haben wir unsere
14 Tage in Irland sehr genossen. Die Route führte uns zuerst an der Küste Nordirlands entlang. Eine Gegend die durchaus auch einen Besuch wert ist, aber sicherlich in Bezug auf landschaftliche Highlights nicht an die irischen Küsten heranreicht. Giants’s Causeway, Bushmills und Derry lagen auf unserem Weg,

White Park Bay, Nordirland
ersteres mit einem für uns wenig einladenden, neu errichtetem Visitorcenter, Derry mit seiner wechselvollen, gewaltgeprägten Geschichte, die heute imagebildend vermarktet wird. Auch wenn sich in Derry die beiden Lager der irlandverbundenen Katholiken und englischtreuen Protestanten nicht mehr die Köpfe einschlagen, ist die ideologische Teilung der Stadt durchaus noch spürbar. Hoffen wir, dass das Friedensdenkmal in der Mitte eines Kreisverkehrs am Stadtausgang hält was es verspricht. Gewechselt haben wir die Seiten zwischen dem Pfund- und dem Euroland auf unserer Route gleich zweimal, haben wir doch – noch auf nordirischer Seite – auf unserem Weg nach Derry eine Hinweistafel zu einer kleinen Fähre entdeckt, die uns in 10 Minuten über den Lough Foyle , die Bucht oberhalb Derrys, die das nordirische County Ulster vom irischen Count Donegal trennt, transportiert hat.


Fähre nach Greencastle, Co. Donegal
Dort haben wir erst einmal einen entspannten nächsten Stopp an einer kleinen Bucht in Dunagree Point eingelegt, bevor es dann doch noch nach Derry und von dort weiter auf der A5/N2 Richtung Boyne Valley, oberhalb von Dublin ging. Das geschichtsträchtige Boyne Valley ist für irlandinteressierte Menschen vielleicht nicht ein „muss“, aber doch ein wichtiger Programmpunkt auf der Reise. Hier reihen sich Hügelgräber, Hochkreuze, alte Abteiruinen und Kriegsschauplätze aneinander. Auch Tara, der Sitz der alten Hochkönige Irlands, ist dort zu finden. 
Old Millifont Abbey
 
Newgrange
Beim Aufspüren von Stellplätze abseits von Campingplätzen haben wir mittlerweile Routine. Unser Übernachtungsstopp dort an der Old Mellifont Abbey, der ersten Zisterzienserabtei im Land, wird uns aufgrund der friedvollen und geborgenen Atmosphäre lange in Erinnerung bleiben. Nach einer ausgiebigen, früh morgendlichen Besichtigungstour des Hügelgrabs von Newgrange, ging es weiter Richtung Landesmitte. Der Shannon mit seinen Seen Lough Ree und Lough Derg waren das nächste Ziel. Hier haben wir uns zur Abwechslung mal wieder auf einem Campingplatz eingefunden. Am „Lakesidecamping“ in Mountshannon hatten wir alles, was wir brauchten: Waschmaschine und einen Standplatz mit direktem Seezugang, wodurch sich die Gelegenheit ergab, unser Boot zu Wasser zu lassen, was Iris dann auch ausgiebig nutzte.
 

Kajakausflug zu Holy Island, Lough Derg
Unser Irlandaufenthalt war sicherlich der „geplanteste“ Abschnitt  unserer Reise, hatten wir doch neben dem Termin für die Fähre nach Frankreich, bereits vor unserer Abreise aus Deutschland noch einen weiteren Termin vereinbart. Am 7. September liefen wir abends pünktlich am vereinbarten Treffpunkt ein, wo - so ganz spontan - ein kleines Familientreffen – stattfand. Ursprünglich wollten wir uns ja nur mit Iris‘ Bruder nebst Anhang treffen, ihre Eltern kamen spontan dazu. So gab es das erste „Familientreffen“ auf irischem Boden seit 45 Jahren, genau an dem Ort, an dem die Familie Maucher in den 60ern gelebt hatte – in Killarney.

Jetzt liegen die Inseln hinter uns. Das 2-tägige „Killarneytreffen“ war sicherlich der emotionale Höhepunkt der Reise, in der wir Gelegenheit hatten, vieles aus der Vergangenheit Revue passieren zu lassen. An der Südküste, in Kinsale, fand sie ihren stimmungsvollen Ausklang. Zum Fährhafen war es jetzt nicht mehr weit. Noch 3 entspannte Tage mit Spaziergängen und einem letzten abendlichem Pub-Besuch im traditionsreichen „The Spaniard“, bei dem dann doch tatsächlich auch gesungen wurde! Der Abschied von Irland ist uns zum Schluss leicht gefallen. Die Bretagne hat uns heute Morgen mit Sonne und lauen Temperaturen begrüßt. Heute Abend bleibt die Küche kalt. Die Speisekarte des Restaurants neben an lockt mit Muscheln und anderem Seegetier. Es ist schon was dran am „Savoir vivre“ der Franzosen…….

 

Blick auf das Gap of Dunloe, Killarney

Caragh River, Co. Kerry

Stellplatz am Charles Fort mit Blick auf Kinsale

"Slainte", Bulman Pub, Kinsale