Samstag, 21. Februar 2015

Express to Marrakech

 
So sieht es also aus, wenn Ziegen in den Bäumen stehen! Lange haben wir auf dieses Foto gewartet, hat man uns doch gesagt, dass sie es wirklich tun! Zugegeben, hier hat wieder einmal ein findiger Marokkaner eine Geschäftsidee, in dem er seinen Ziegen beibrachte, auf Kommando die Äste zu erklimmen, um als Fotomodell vorbeifahrenden Touristen das Geld aus den Taschen zu ziehen. Wir hatten es vorher selbst schon gesehen, allerdings keine Chance gehabt, den Moment per Kamera festzuhalten. Warum die Ziegen das tun? Die Früchte der südlich von Marrakech heimischen Arganbäume haben es ihnen angetan. Die scheinen so lecker zu sein, dass sich der Aufwand, die Bäume zu erklettern, für die wendigen 4-Beiner zu lohnen scheint. Nicht nur den Ziegen, sondern auch die Menschen sind hinter den Früchten her, lässt sich doch daraus das wohlschmeckende Arganöl gewinnen, dass in Küche und Kosmetik seine Verwendung findet.

Dabei ist derzeit an Nahrung wirklich kein Mangel. Es grünt und blüht an jeder Ecke, die Ziegenhirten brauchen mit ihren Herden nicht weit zu laufen und die Esel stehen gut im Futter. Von Tafraoute aus sind wir erst einmal durch den Antiatlas weiter nach Süden gefahren, nicht ohne vorher eine ungeplante Extrarunde durch die imposanten Schluchten bei Ait-Mansour zu drehen. Unseren ursprünglichen Gedanken, von Tafraoute aus über eine Piste nach Icht zu fahren, haben wir auf halbem Wege verworfen. Wir hatten einfach keine Lust auf Rumpelpiste.
bei Ait Mansour
Den „Umweg“, den wir dafür in Kauf genommen hatten, war von den Straßenverhältnissen her jedoch keineswegs besser, hatten auch hier in den Bergen südlich von Tafraoute die heftigen Regenfälle vom letzten Jahr deutlichste Spuren hinterlassen. Die Straßen sind stellenweise abgebrochen und nicht passierbar, so dass per Bagger auf die Schnelle Alternativstrecken geschoben wurden. Wobei – vieles ist wieder repariert oder befahrbar. Die Marokkaner brettern sowieso mit allem was 4 Räder hat über die erstaunlichsten Straßen. An einem unserer letzten Tage in Tafraoute hatten wir erlebt, wie der Landwirtschaftsminister mit großer Entourage den Ort besuchte. Er wollte sich von dem aktuellen Stand der Reparaturen selbst ein Bild machen. Und eines muss man den Marokkanern lassen – wenn es um die Reparatur der Straßen geht, sind sie sehr, sehr fix. Für unseren Umweg wurden wir mit einem Übernachtungsplatz oberhalb der blauen Steine belohnt, dessen Panorama nur schwer getoppt werden kann.

Schließlich haben wir den Absprung von der Gegend um Tafraoute doch noch geschafft. Durch wunderbare Felslandschaften ging es nach Amtoudi, am südlichen Rand des Gebirges. Hier galt es eine, aus dem 1200 Jahrhundert stammende, tadellos erhaltene Speicherburg (Agadir)der dort ansässigen Berber zu erobern. Der Spaziergang und die Besichtigung des alten, über dem Tal schwebenden Gemäuers, waren sehr eindrucksvoll. Ein älterer Herr wartet hier oben auf die vereinzelten Besucher und zeigt ihnen gegen ein geringes Entgelt Agadir, Kammern und alte Schätze.
 
In früheren Zeiten fanden hier oben 25 Familien Schutz vor räuberischen Banden. Jede hatte neben ihrem Wohnbereich auch ausreichend Platz, die Ernte zu lagern. Selbst Bienenstöcke gehörten zur Ausstattung. Es war schön, die Wanderstöcke auszupacken und sich mal wieder die Beine zu vertreten. Amtoudi als Ziel können wir nur wärmstens empfehlen.

Agadir Id- Aissa

Blick vom Agadir ins Tal
 
Camping Fort Bou Jerif
Queddurchfahrt bei Fort Bou Jerif
Schweren Herzens sagten wir nach 2 Tagen den Bergen mit Ziel Küste endgültig adieu. Die nächsten Tage tendelten wir immer der Küste entlang, von Fort Bou Jerif kommend nach Sidi Ifni, um nach einem weiteren Stopp in Massa schließlich in Essaouria zu landen. Hilmar erlebte nach der kurzen Pistenfahrt über Fort Bou Jerif nochmals eine Schrecksekunde, hatte er doch „zwischen 2 Reifen“ ein winziges, aber entscheidendes Teil seiner Druckluftpistole verloren, als es darum ging, die Reifen nach der Pistenfahrt wieder auf Normalstärke aufzupumpen. Uns blieb nach intensiver, aber ergebnisloser Suche nichts anderes übrig, als mit niedrigem Luftdruck die 30 km nach Sidi Ifni zu fahren, um dort an einer Tankstelle die restlichen 3 Reifen aufpumpen zu lassen. Dort hatten wir es gut getroffen, denn neben Luft im Reifen konnte auch die Druckluftpistole repariert werden, ohne die wir bei zukünftigen Pistenfahrten aufgeschmissen gewesen wären. Hilmar war wieder glücklich und die Fahrt konnte ungehindert weiter gehen.

Wir blieben stehen, wo es uns gefiel. Freies Stehen am Meer ist allerdings nur noch an wenigen Stellen möglich. Aber das ein oder andere Plätzchen hat uns dann doch gefunden. Selbst in Agadir wurde die, im vorletzten Blog beschriebene „Platte“, mittlerweile komplett vom Militär geräumt. Die Gründe, die zu dieser Aktion führten, sind uns nicht bekannt. Die Einfahrten zu den einschlägigen Geländen sind mit Erdwällen abgeriegelt und wo vor 2 Wochen noch hunderte von Überwinteren mit ihren weißen Wohnmobilen die Küste zierten, herrscht nun gähnende Leere. Die örtlichen Händler sind sicherlich von dieser Aktion nicht begeistert gewesen, hatten doch viele an den Mobilisten gutes Geld verdient.
Frühstücksfernsehen bei Aglou Plage

Übernachtungsplatz südl Sidi Ifni

Der Entschluss, auf unserem Weg nach Marrakech von Agadir aus an der Küste entlang zu fahren und dem Örtchen Essaouira auch noch einen Besuch abzustatten, ist ganz kurzfristig gereift. Auch dieser Umweg hat sich voll und ganz gelohnt. Nicht nur die Strecke war wunderschön, auch das Ziel ist nicht umsonst im Katalog der Unesco als Weltkulturerbe aufgeführt.

Wie schon in Sidi Ifni waren es frühere Kolonialherren, die das Stadtbild prägten, nur das hier nicht die Spanier, sondern die Portugiesen ihre Finger im Spiel hatten. Der Souk und die Medina sind daher ziemlich weitläufig, rechtwinklig angelegt, was die Orientierung im Gegensatz zu den orientalisch verwinkelten und verschachtelten Innenstädten herrlich einfach macht. Eine alte Festungsanlage im Stile des Franzosen Vauban rundet das Stadtbild ab, ein weitläufiger Strand macht das ganze Bild perfekt. Auch wir haben uns ein bisschen in dieses schöne Städtchen verguckt, was an Hilmars Studium der Aushänge der örtlichen Immobilienmakler zu erkennen war. Übernachten kann man bequem auf einem Parkplatz am Ortseingang, Strand und Cafe gleich um die Ecke.
Die Nacht vorher hatten wir unweit von Essaouira in Sidi Kaouki verbracht. Der dortige Campingplatz hat uns ausnehmend gut gefallen und im Vergleich zu manch anderen eine Art Wohlfühlatmosphäre verströmt.

Und jetzt? Jetzt stehen wir bei Marrakech, bereiten uns seelisch geistig auf viele Menschen, Stimmengewirr und unzählige Eindrücke vor, wollen wir uns doch morgen nebst Jonny auf den Weg ins Stadtzentrum machen, um dort nicht nur Freunde zu treffen, sondern auch zentral hinter der großen Moschee ein paar Tage in dieser Stadt zu verbringen. Wir sind gespannt, was sie für uns bereithält!

Montag, 9. Februar 2015

Tafraoute

zu 4t unterwegs
Es ist ein seltsames Gefühl, nach 3 Wochen wieder alleine zu sein. Die „Platte“ bei Agadir füllte sich nach und nach immer mehr und in „unserer Ecke“ hatte sich ein Grüppchen Gleichgesinnter zusammen gefunden. Die Tage flogen nur so dahin. Die marokkanischen Händler brachten neben dem Frühstücksbrot auch Fisch, Gemüse, Solarpanele, Arganöl, süße Teilchen und andere Kleinigkeiten vorbei. Auch der Wasserwagen ließ sich regelmäßig blicken. Es wurde einem sehr leicht gemacht, einfach stehen zu bleiben.
 
Das angenehme Wetter und die fröhliche Gesellschaft ließen die Gedanken an einen Aufbruch vorerst nicht aufkommen und machten das Warten auf unser Ersatzteil zur Nebensache. Jeder pusselte an seinem Fahrzeug herum, Reifen wurden nachgeschnitten, Erfahrungen ausgetauscht, gemeinsam gekocht, Boule gespielt, geputzt und kleine Reparaturen durchgeführt. Wir machten verschiedene kleine Motorradausflüge, u.a. auch in das wunderbare „Paradise Valley“. Allein schon das Warten auf den Fischmann war ebenfalls sehr vergnüglich, hatte er doch einmal zu tief in Iris „Augen“ gekuckt, wodurch sich die Anzahl der Fische, die wir auf den Grill legen konnten, auf magische Weise von 4 auf 5 erhöhte. Peter und Anja (www.jumbo-on-tour.de) erzählten aufs Anschaulichste, was sie auf ihrer eineinhalbjährigen Radltour von Deutschland nach Singapur erlebt hatten, Karl-Heinz (www.benemsi.blogspot.com) blickt auf über 40 Jahre vielfältigste Reiseerfahrung zurück und hatte eben erst Afrika umrundet und Jörg (www.oneyearout2014.blogspot.com) aus Bremen stellte die bayerische Bierbank bereit, die uns allen Platz bot. Und wir?
Wir hörten zu und ließen uns inspirieren.

 
Paradise Valley
Aber jedes Warten hat ein Ende. Der bestellte Bremslichtschalter konnte nach 10 Tagen in Empfang genommen und eingebaut werden, der Auspuff von Karl-Heinz Magirus war repariert und Anja und Peter bekamen „Hummeln im Hintern“. In unserem Grüppchen war zwischenzeitlich der Gedanke gereift, gemeinsam nach Tafraoute zu fahren, um dort ein paar schöne Tage in den Bergen abseits vom Trubel zu verbringen. Karl-Heinz kannte dort bei den „Blauen Steinen“ einen schönen Platz, der auch für Jörg mit seinem „Standardmobil“ problemlos zu erreichen war und uns schließlich eine weitere Woche beherbergte. 
Auf der R105 nach Tafraoute



Tafraoute ist das Versorgungszentrum im westlichen Antiatlas und liegt auf ca. 1.000m malerisch  inmitten einer faszinierenden Granitlandschaft. Hier kann man es ein paar Tage aushalten, in den Felsen klettern und die Landschaft genießen. Die Berge bilden eine grandiose Kulisse und leuchten im Abendlicht wunderbar rot. Um diese Jahreszeit beginnen auch die Mandelbäume, für die diese Gegend bekannt ist, zu blühen.
 
Die „Blauen Steine“ sind nur deshalb blau, weil sie der belgische Künstler Jean Vérame mit leuchtend bunten Farben angemalt hat. Noch großflächigere und ebenso umstrittene Kunst hat der gleiche Künstler im Sinai, in der dort bekannten „Blue Desert", hinterlassen, die Iris schon 1993 gesehen hat. Unterdessen wurden die meisten der Steine bei Tafraoute neu bemalt und dienen den Technofreaks unter den „Überwinterern“ als Kulisse für ausschweifende, über mehrere Tage andauernde Partys. Ob es der Vollmond war, der die Technojünger zeitgleich mit uns zu den Steinen lockte, wissen wir nicht. Aber so richtig konnten wir die Landschaft erst 3 Tage nach unserer Ankunft genießen, denn von Samstag bis Montag wummerten die Bässe durch die Ebene. Gott sei Dank stand der Wind günstig und wir bekamen von dem Spektakel nur wenig mit.

Marokko ist nicht nur kulturell ein faszinierendes Land, auch die Landschaften sind so abwechslungsreich und vielfältig, dass man hier ewig bleiben könnte. Nach längerem Überlegen haben wir uns dazu entschlossen, genau das auch zu tun und unser Marokkovisum, das ursprünglich auf 3 Monate angelegt war, zu verlängern. Sonst hätten wir pünktlich zu Iris Geburtstag wieder in Spanien sein müssen. Die Visaverlängerung wollten wir in Tafraoute auf den Weg bringen, braucht es doch eine Polizeistation, die das ganze abwickelt. Der Prozess erinnert ein bisschen an das Lied von Reinhard Mey vom „Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars“. Man braucht von Pass, Stempel, Visakarten, Bankbeleg, Campingplatzbescheinigung UND dem Antragsformular jeweils 4 beglaubigte Kopien, die dann zusammen mit den 4 Passbildern hoffentlich zur Verlängerung des Visums führen. Mit dem Verantwortlichen vom Campingplatz „Granite Rose“ haben wir eine Übereinkunft getroffen, die uns darauf hoffen ließ, dass Visum innerhalb einer Woche in den Händen zu halten OHNE die ganze Zeit auf dem Campingplatz bleiben zu müssen.

Die gemeinsam verbrachten Tage bei den Blauen Steinen waren sehr, sehr schön. Gekocht wurde meistens am Feuer, wobei Karl-Heinz oft in die Rolle des Chefkochs schlüpfte. Jeder ging seinen Bedürfnissen nach und genoss doch gleichzeitig die Atmosphäre in der Gruppe. Karli, Karl-Heinz Kangal, passte auf uns auf und sorgte für unsere Sicherheit! Aber auch die Zeit muss zu Ende gehen! Peter und Anja brachen, nicht ohne vorher doch noch einen Tag dran gehängt zu haben, mit Ziel Süden als erste auf. Jörg fuhr gemeinsam mit uns zum Campingplatz, wo wir hofften unser Visum vorzufinden und für Karl-Heinz fanden sich pünktlich zu unserer Abfahrt andere ein, die mit ihm noch ein paar Tage bei den Steinen blieben.  
 


 
 

Das Visum war am Samstag leider noch nicht da. Jetzt ist Montag und wir hoffen immer noch. Mittlerweile haben wir erfahren, dass die Absegnung der Papiere in Tiznit stattfindet. Vielleicht wäre es dort schneller gegangen, die gemeinsam verbrachte Zeit hier oben wollen wir aber um keinen Preis missen. Mittlerweile sind wir die letzten der „4 Musketiere“, alle anderen haben sich in verschiedene Himmelsrichtungen zerstreut. Was aber nicht bedeutet, dass wir den ein oder anderen nicht wieder sehen werden. Wir beide freuen uns jetzt allerdings auf ein paar Tage zu zweit, sind wir doch in Marokko unterm Strich erst VIER Tage alleine unterwegs gewesen, die Zeit in Zagora nicht mitgerechnet. Sobald wir unseren Verlängerungsstempel haben geht es in Richtung Süden, anschließend bei Tiznit wieder ans Meer. Danach heißt die grobe Richtung: Marrakesch!
 
 
Kali