Samstag, 29. November 2014

Marokko Salaam

Einmal ein Blogeintrag außer der Reihe – aber 5 Übernachtungen, 6 Tage und 1000 Eindrücke, die verarbeitet werden müssen, solange sie noch frisch sind! Aber wo sollen wir anfangen?

Bei der Überfahrt nach Marokko, der aus logistischen Gründen eine kurzfristig anberaumte Planänderung vorausging und uns aufgrund der unerwartet Sonntagmorgens geschlossenen Läden spontan von Tarifa nach Algeziras führte? Aber auch dort war alles zu und wir verbrachten den freien Nachmittag mit einem ebenso spontanen, wie leckeren und genussreichen Nachmittagsmenü in einem Lokal neben unserem Parkplatz, auf dem wir dann auch die Nacht verbrachten.

Endlich! - vor der marokkanischen Küste
Oder bei der Ankunft in Tanger Med, dem neuen Großhafen weit außerhalb der Stadt und den sich daran anschließenden Zollformalitäten, die nach europäischen Ermessen so chaotisch, wie langwierig waren, da zeitgleich mit uns bei hereinbrechender Dunkelheit ein mit heillos überladenen Fahrzeugen vollgefrachtetes Fährschiff aus Genua ankam? Aber nachdem wir alle Formulare zur Zufriedenheit der Zöllner ausgefüllt hatten, konnten wir den nächsten Autobahnrastplatz mit Tankstelle ansteuern, den wir mit fast leeren Dieseltanks nach 20 km so gerade noch erreichten. Aber was tut man nicht alles für günstigen Treibstoff!

Rifgebirge
Erst am nächsten Morgen ging es Richtung Chefchaouen weiter. Als Ziel hatten wir uns Meknes und Fes ausgedeutet, mit Moulay Idriss und Volubilis um die Ecke - geballte Kultur mit Königsstädten, marokkanischen Heiligtümern und römischen Wurzeln.

Gasse in Chefchaouen







Hilmars Antwort auf die Frage nach seinen ersten Eindrücken von diesem Land: "... für uns Europäer findet man hier eine lebhafte Unordnung, die wiederum in sich eine Struktur hat – ein in sich fließendes Chaossystem, in dem Gelassenheit die größte Tugend ist, den nur so behält man die Übersicht..." Egal, ob es der Straßenverkehr, die Anordnung der alten Städte, die Handelsfreudigkeit der Menschen oder das Stimmengewirr ist, das einem auf und in den Märkten entgegenschallt. Für uns bedeutet das, die Cannabishändler im Rifgebirge mit Erfolg in Schach gehalten sowie bei der nächtlichen Durchfahrt durch die 2 Millionenstadt Fes weder Mensch noch Esel umgebracht zu haben und bei der heutigen Stadtbesichtigung inFes mit geführtem Rundgang durch die Medina (Altstadt) ohne einen neuen Teppich rausgekommen zu sein.
 
Blick auf die Altstadt von Fes
Iris Antwort auf die Frage nach den ersten Eindrücken von diesem Land:
"... Es ist immer wieder schön zu erleben, wie alles fließt, zu sehen, wie viele Menschen in ein Taxi passen und zu spüren, wie man respektiert wird. Wobei die wahrgenommene Rollenaufteilung zwischen Mann und Frau immer wieder aufs neue gewöhnungsbedürftig ist...."

Aber noch einmal zurück zur Eingangsfrage:
wo sollen wir mit dem Bericht über Marokko anfangen? 


Bei dem Regen, der uns seit Grenzübertritt begleitet?
Bei den Menschen, die uns bisher ausnahmslos freundlich begegnet sind?
Bei den Bergen an Plastiktüten und -flaschen, die wie überall in südlichen Ländern die Straßen- und Ortsränder säumen?
Bei den Märkten, auf denen man alles auch in kleinsten Mengen kaufen kann, was man zum Leben benötigt?
Bei den Metzgerständen, die ihr Fleisch ungekühlt am Haken zur Schau stellen und für dich leckere Spießchen braten?
Bei der riesigen Medina von Fes, in deren Gassen man sich ohne Führer definitiv verläuft?
Oder gar bei den alten Römern, die Nordmarokko als Kornkammer genutzt haben und die Fruchtbarkeit des Landes mit seinen Oliven- und Orangenbäumen schamlos ausnutzten?


Äcker und Olivenhaine


Die Landschaft, die wir bisher kennengelernt haben, wirkt auf den ersten Blick sehr südländisch-andalusisch, nur das die Bauern hier häufig noch mit dem Holzpflug und ihren Eseln das Land bestellen. Esel und Maultiere gehören hier als Last-, Reit- und Arbeitstiere noch zum Inventar, egal ob auf dem Land oder in den engen Gassen der Medinas.
Morgen geht es weiter Richtung Osten. Klaus und Gisis Marokkoerfahrung hilft bei der Planung sehr. Die Reise verspricht spannend zu werden!

Übernachtungsplatz in Chefchaouen

Handarbeit

Bodenmosaik im römischen Volubilis
 
Eindrücke aus der Medina von Fes:
Gerberviertel in Fes - wird 2017 abgerissen

Schuhe gefällig?

Welche Dattel darf es denn sein?


Hier gibt's alles für die Hochzeit!

Brauchst du mich?

Koranschule
 

Samstag, 22. November 2014

Im Südwesten Europas...

Auf unserem letzten Stopp in Europa gilt es nochmal Wäsche zu waschen und unseren Jonny wüstentauglich umzupacken, d.h. die Regenjacken dürfen erst einmal in eine der hinteren Kisten. 8 km vor Tarifa ist es höchste Zeit, die letzten Wochen Revue passieren zu lassen, denn am Wochenende geht es auf die Fähre nach Marokko, dem eigentlichen Ziel unserer diesjährigen Winterreise.

Erster Stopp in Nordportugal - Caminha

Bis auf die ersten Wochen in Schottland hatten wir auf unserer bisherigen Reise wirklich sehr viel Glück mit dem Wetter. Sonne in Irland, 4 Wochen Badeurlaub in der Bretagne und ein kurzer Anflug von Azorentief vor der spanischen Grenze – wir haben bisher wirklich keinen Grund uns zu beklagen. Aber seit wir Anfang November die Grenze nach Portugal überquert hatten, sieht es anders aus. Die ersten beiden Wochen hatten wir viel Regen, auch die Standheizung mussten wir das ein oder andere Mal aktivieren. 

Porto

Porto

 
Aber unterm Strich können wir uns auch über das schlechte Wetter nicht beschweren, spitzte doch in entscheidenden Momenten die Sonne zwischen den Wolken hervor und verwandelte unerwartet die angedachten Stadtbesichtigungen in Erlebnisse, bei denen wir den ein oder anderen Kaffee im Freien genießen konnten. /Es gibt viel zu sehen in Portugal! Viele alte, gut erhaltene Städte mit verwinkelten Gassen, Treppen, Burgen und Kirchen. Es tut sich ein wahres Sammelsurium an Möglichkeiten auf. Es hat sehr viel Spaß gemacht, die einzelnen Städte zu erobern. Porto, die alte Seefahrerstadt, die ein Labyrinth von Möglichkeiten bietet sich zu verlaufen, mit ihren Portwein-Destillerien aufwartet und an jeder Straßenecke eine neue Überraschung auf Lager hat. Coimbra mit seiner Universität, die auf eine über 1000-jährige Geschichte zurück blickt und seinem Fado, dem traditionellen portugisischen Gesang, der zu Tränen rührt und hier gepflegt wird. Auch die alten Römer wussten, dass es in dieser Ecke Europas schön ist. In Conimbriga, südlich von Coimbra, gibt es Ausgrabungen, die sich lohnen besichtigt zu werden. Eine ganze Stadt wurde hier freigelegt! Die Grundrisse der einzelnen Häuser mit ihren Thermen und Fußbodenmosaiken sind sehr gut erhalten und der Parkplatz vor der Anlage als Übernachtungsplatz hervorragend geeignet. Die Portugiesen sind, zumindest zu dieser Jahreszeit, sehr entgegenkommend, wenn es darum geht einen Stellplatz für die Nacht zu finden.
Coimbra Universität


Coimbra
Generell haben wir die die Erfahrung gemacht, dass selten jemand „nein“ sagt, wenn wir vorher höflich anfragen, ob wir mit unserem Jonny für die Nacht irgendwo stehenbleiben dürfen. In Tomar gab es an einem sehr regnerischen Tag noch ein Aquädukt und das Ordensschloss der Chistusritter zu bestaunen, das durch seine Größe und prachtvolle Ausstattung erahnen lässt, wie gut es den ehemaligen Tempelrittern vor 700 Jahren gegangen ist. Unweit von Tomar haben wir in Constanzia, einem kleinen Örtchen am Zusammenfluss von Rio Tejo und Rio Zedere am Flussufer übernachtet und uns abends von der örtlichen Gastronomie verwöhnen lassen. Am nächsten Tag ging es bei klarem Himmel und angenehmen Temperaturen zielstrebig wieder Richtung Küste. In Alcácer-do-Sal südlich von Lissabon hatten wir uns mit Klaus und Gisi verabredet, Bekannte aus Deutschland, die mit ihrem 911er ebenfalls nach Marokko wollen. Anfang Oktober hatten wir über deren Blog mitbekommen, dass wir eine ähnliche Reiseroute haben und da lag es nahe, sich zu treffen.

Mosaikböden in Conimbriga
Spaziergang auf dem Aquädukt


 

















Die letzte Etappe vor unserem Treffpunkt durchs Landesinnere haben wir sehr genossen. Waren in den Bergen vorher Eukalyptusbäume vorherrschend, änderte sich die Landschaft ab Tomar sehr. Die flächendeckende Bebauung, die an und in der Nähe der Küste die Straßen säumt, fehlte gänzlich. Zuerst haben wir es gar nicht gemerkt, so sehr hatten wir uns an die Häuserzeilen rechts und links der Straße gewöhnt. Die N3, die wir gewählt hatten um nach Alcacar zu kommen, verläuft mitten durch Portugal, weit und breit nichts zu sehen, außer hier und da ein Hof und drum rum endlose Korkeichen- und Olivenwälder.

Korkeichen "unten ohne"
Es ist auch aufgeräumter und lieblicher als im Norden. Aber so richtig anfreunden konnten wir uns mit Portugal bis zum Schluss dennoch nicht. Vielleicht lag es am Wetter, vielleicht an der Vorfreude auf Marokko. Auch erkannte Hilmar, der das letzte Mal vor über 20 Jahren in Portugal war und sich sehr auf dieses Land gefreut hatte, vieles nicht wieder und die Vorfreude auf das Wiedersehen mit diesem Land und den damit verbundenen Erinnerungen war bald verflogen.

Das Treffen mit Klaus und Gisi in Alcacer war herzlich und der Entschluss, die Reise nach und durch Marokko gemeinsam anzutreten schnell getroffen. Ab jetzt fahren wir im Doppelpack. Ein blauer und ein beiger 911er, die gemeinsame Sache machen. Da sich das Wetter weiterhin als sehr unbeständig herausstellte, ging  es ohne größere Umwege über die Algarve nach Spanien, wo wir nun nur noch auf Zusendung der aktualisierten grünen Versicherungskarte warteten, bevor es endgültig von Tarifa aus nach Marokko geht. Dank der tatkräftigen Unterstützung unserer Freunde aus Winterrieden daheim, die sich um unsere Post kümmern, hat alles reibungslos geklappt und die heiß ersehnten Dokumente haben wir rechtzeitig per email erhalten. In Silves, einer sehr reizvollen Stadt im Süden Portugals hatten wir vorher nochmal einen 2 Nächte Stopp eingelegt. Die Stadt steht nicht nur bei deutschen und  niederländischen „Überwinterern“ hoch im Kurs – auch Storche finden hier ein ideales Revier, klappern eifrig um die Wette und ziehen in Scharen über den Wiesen vor der Stadt ihre Kreise.  
 


Für Hilmar und Klaus gab es in Silves noch ein ganz eigenes Abenteuer zu bestehen, hatten wir doch unseren Navigationsgeräten vertraut und sind daher sehenden Auges in die Altstadt hineingefahren. Einmal drin mussten wir aber wieder raus und dass war angesichts der Enge in den Gassen nur dank der Fahrkünste und schiffstaudicken Nerven der beiden von Erfolg gekrönt.
 
Denn zwischen Stromkasten und den am Straßenrand abgestellten Fahrzeugen war höchstens eine „Jonnybreite“ platz, Reifen auf Bordstein inklusive. Rechts und links noch je 2 cm und fertig war das Gesamtkunstwerk. Eine herbeieilende Polizistin bewahrte Gott sei Dank die Ruhe, die Bevölkerung unterstützte tatkräftig mit vielen guten Ratschlägen und einem herzlichen Durcheinander. Insgesamt hatte die Aktion sicherlich eine gute Stunde gedauert, wobei zum Schluss doch der ein oder andere Besitzer der am rechten Straßenrand parkenden Autos auftauchte und Hilmar nach viel Aufregung davor bewahrte, ein an der Hauswand links befindliches Firmenschild auch noch abschrauben zu müssen. Leider gibt es von dem Event keine Liveaufnahmen, aber die Aufmerksamkeit aller Beteiligten richtete sich ausnahmslos auf die Befreiung unserer Fahrzeuge!
Kurzfristig hatten wir uns nochmal von unseren Reisebegleitern getrennt, morgen sehen wir uns wieder und dann geht’s endlich nach Afrika!
Mittags an der Algarve - Westküste
 


Sonntag, 2. November 2014

Jonny auf dem Jakobsweg

Zu Beginn gleich zwei gute Nachrichten:

1)      Die Dieselleitung und der undichte Wasserhahn sind dicht!
2)      Uns ist zu passender Zeit ein Mittgasmenü quasi zugefallen, das keine Ansprüche offen ließ!

AXOA schmort
 
Am Mittag vor unserer Abreise wurde am Campingplatz groß aufgekocht! Eine „Menü Basque“ sollte es geben, alle Gäste, die noch da waren, hatten zugesagt. Es war wirklich eine große Freude, in einer Runde mit ca. 25 Franzosen ein Mahl zu zelebrieren, das alle die, im letzten Blog erwähnten Anforderungen, erfüllte: Preis, Zeitpunkt, Menge, Stimmung, Örtlichkeit – alles traf ideal zusammen. Und ein „Zufallsfranzose“ aus dem Elsass war auch dabei. Wie sich im Gespräch – er wurde im Vorfeld vom Besitzer des Campingplatzes gefragt, ob er sich etwas um uns wenig französisch sprechende Gäste kümmern könne – herausstellte, war er am ersten Tag nach Ende des letzten Krieges geboren und daher - seiner Ansicht nach - nur per Zufall "Franzos". Wir haben kräftig zugeschlagen, ließen uns den Wein, die Nachspeise und überhaupt alles wunderbar munden und gingen nahtlos zum Mittagschlaf über. In bester Stimmung haben wir uns demnach am nächsten Morgen Richtung St. Jean Pied en Port aufgemacht.

Eigentlich hatten wir uns nur einen, für unseren Jonny  möglichst stressfrei zu absolvierenden Pyrenäenübergang aussuchen wollen, aber kurz vor dem Etappenziel kam dann alles anders. Von einem ehemaligen Pilger, den wir am nächsten Tag trafen, hatten wir erfahren, dass einem der Jakobsweg quasi „zufällt“, wenn er ansteht. Und so scheint es bei uns auch gewesen zu sein. Nachdem Iris kurz vor dem Tagesziel spontan entschloss, den Rest der für den Tag geplanten Etappe, immerhin doch noch 13 km, bis zum avisierten Stellplatz zu Fuß zurück legen zu wollen, hat uns der Jakobsweg erst 10 Tage später in Santiago de Compostela wieder ausgespuckt. Unser Jonny ist zum „peregrino“ geworden!
 

St Jean Pied en Port
 
HInterm Jakobstor
 

Am Ibaneta-Pass Blick nach Frankreich

Roncesvalles
 
Einer der Höhepunkte der Weiterfahrt war sicherlich der Aufenthalt in Roncesvalles, der ersten und wohl auch anstrengensten Etappe des Weges. Unser Jonny kletterte tapfer die Passstrasse hinauf und auch er musste oben erst einmal kräftig verschnaufen. Wir durften auf dem Klosterparkplatz übernachten und sind am Sonntagmorgen gemeinsam ein Stück die Pyrenäenetappe rückwärts gegangen. Unterwegs hatten wir schöne Begegnungen, gute Gespräche und wenig Muse, uns um Übernachtungsplätze abseits des Weges zu kümmern.

Einem „peregrino“ möchte ich in diesem Blog ein Denkmal setzen, denn wer den Jakobsweg in 5 Jahren gleich 4 Mal geht und sich mittlerweile nach Zielerreichung auch wieder zu Fuß auf den Nachhauseweg macht, MUSS einfach erwähnt werden! Jeden Morgen haben wir überlegt, ob wir dem Camino de Santiago weiter folgen sollen, aber die Entscheidung blieb bis zum Schluss immer die Gleiche. Wir hätten keine Alternative gehabt. Beide hatten wir zu jedem Zeitpunkt das Gefühl, dass dies ein Weg ist, der gegangen werden muss, aus welchen Gründen auch immer.
In Santiago waren wir dann fast ein bisschen enttäuscht, da sich sie die Stimmung, die wir noch am Anfang des Weges in St. Jean Pied en Port und in Roncesvalles angetroffen hatten, sehr verflacht hatte. Es war kaum mehr auszumachen, wer ein Pilger und wer Tourist ist. So blieb es am Ankunftstag auch bei einem kurzen Stadtbummel, den wir am nächsten Tag nochmal wiederholten, um uns anschließend ohne weiteren Umweg direkt Richtung Portugal aufzumachen. Da sind wir nun. Kurz hinter der Grenze, wo sich zum ersten Mal seit Wochen kräftiger Regen auf unserem Dach austobt, was um diese Jahreszeit keine Seltenheit ist. Daher geht’s morgen auch weiter in den Süden, wo wir wohl erst südlich von Porto den Anker wieder auswerfen werden.
 
Camino de Santiago




Unterwegs...
Burgos