Montag, 5. Juni 2017

Russland, die Dritte - am Don entlang über Moskau nach Finnland



In St. Petersburg tagt derzeit das Internationale Wirtschaftsforum. Der Außenminister Herr Gabriel ist zu Gast und speist mit Herrn Putin und Herrn Schröder zu Abend. Unter anderem beraten sie darüber, wie Russland wieder an den Aufschwung, der bis vor 3 Jahren die Entwicklung des Landes prägte, anknüpfen kann. In den letzten Jahren ist das Wachstum eingebrochen und die Löhne sind gesunken. Wahrscheinlich sitzen sie alle im Konstantinpalast, den wir im letzten Jahr, als wir selbst in Sankt Petersburg waren, besichtigen durften. Das es Russland über viele Jahre sehr gut ging, durften wir mit eigenen Augen auf unserem Süd-Nord-Transit erfahren. Wir bekamen nochmal einen ganz anderen Eindruck von Land und Leuten. Neue Autobahnen, nette Häuser, gepflegte Gärten, kaum Müll am Straßenrand. Wir mussten unser Russlandbild, das vornehmlich auf winterlichen Eindrücken aus Sibirien beruhte, deutlich revidieren. Aber sieht nicht alles freundlicher aus, sobald die Sonne scheint und die Bäume Blätter tragen? 

Wir haben in der Zeit, in der in St. Petersburg Politik gemacht wird, gemeinsam mit vielen anderen Touristen den Moskauer Kreml besucht. Was hatten wir es da im letzten Jahr angenehm, als wir Anfang April bei zwar noch ziemlich frischen Temperaturen, aber dafür völlig unbehelligt und allein auf weiter Flur, Sankt Petersburg unsicher gemacht haben. Ansonsten ist vieles ähnlich, vor allem das Wetter! Wer hätte gedacht, dass sich die Außentemperaturen von April und Juni in Nichts, aber auch Nichts unterscheiden? OK, alles ist üppig grün und die Tage ziemlich lang – aber Mütze und dicke Jacke hätten jetzt nicht mehr sein müssen, oder? Am Tag vor unserem Eintreffen in Moskau zog ein sehr heftiges Unwetter über die Stadt, das nicht nur unzählige Bäume entwurzelte, sondern auch Menschenleben gekostet hat. Wir hatten davon – bis auf den Wettersturz – nichts mitbekommen. Erst als Iris sich auf ihrer Radtour durch den Sokolniki-Park, wo wir beim örtlichen Campingplatz eingecheckt hatten, die Verwüstungen sah, sind wir darauf aufmerksam geworden.

Kremlmauer - Roter Platz - Basiliuskathedrale

Aber nun der Reihe nach:
Einreise nach Russland von Georgien kommend am 24. Mai war dank der Unterstützung eines sehr gut englisch sprechenden, sehr freundlichen russischen Grenzbeamten höherer Seniorität, schnell gemeistert. Er besorgte uns ohne Nachfrage unsererseits die englische Version der Zollformulare, zeigte uns von wo nach wo wir gehen sollten und sorgte schlussendlich dafür, dass wir schnell und zügig abgefertigt wurden. Nochmals auf diesem Weg herzlichen Dank an den netten Herrn! Bei Regen und tief hängenden Wolken ging es anschließend durch das russische Bäderdreieck Richtung Rostow am Don.

Rostow am Don
Kaum lagen die Berge des Hohen Kaukasus, der uns hinter den grauen Wänden verborgen blieb, hinter uns, wurde es sommerlich! 

In der Nähe der Stadt richteten wir uns am Stillen Don, der auch den Donkosaken ihren Namen gab, zwischen Anglern für die Nacht ein und schauten, auf unseren Stühlen vor dem Auto sitzend, den vorbeifahrenden Frachtschiffen zu. Der Don gibt sich im Vergleich zu anderen russischen Flüssen sehr bescheiden – still, gemächlich, und ziemlich schmal liegt er vor uns und sieht im Gegensatz zur Wolga sehr winzig aus. Die Frachtschiffe haben trotzdem eine beträchtliche Größe, verbindet doch der nur 50 km lange Don-Wolga-Kanal die beiden Flüsse und lässt so auch Schiffsverkehr zwischen dem Kaspischen und dem Schwarzen Meer zu.





Fast hätten wir aufgrund der sommerlichen Temperaturen am Don für ein paar Tage Anker geworfen, aber uns zog es weiter Richtung Skandinavien. Die nächsten Tage verliefen unaufgeregt. Mal auf und zur Abwechslung auch mal auf kleineren Landstraßen neben der Autobahn, immer durch flaches Land Nordwärts - bis wir schließlich Moskau erreichten.

Südrussland - unten fließt der Don vorbei
Hatten wir im letzten Jahr auf dem Weg in die Mongolei aus Sorge vor dichtem Straßenverkehr und dem Respekt vor der schieren Größe der 15 Millionen Einwohner zählenden Stadt einen großen Bogen um Moskau gemacht, nahmen wir es diesmal sehr gelassen. Unser Ziel war der Campingplatz im Sokolniki-Park.

Wir standen uns geduldig durch den Stau auf dem äußeren Ring, gerieten schließlich in den Stau auf dem Inneren Ring und gelangten ca. 3 Stunden nach Erreichen der Stadtgrenzen an unser Ziel. Die Verkehrsdichte ist erschreckend. Kurz vor Erreichen der Stadt machten wir noch einen Schwenk über Tula, dem „Wohnsitz“ Tolstois und schlenderten einige Zeit durch das imposante, mehrere Hektar große Anwesen. Neben seinem Wohnhaus und anderen Gebäuden ist tief im Wald auch sein Grab versteckt. 



Lenin in Tula
In Moskau besuchten wir an unserem ersten Besichtigungstag in der Innenstadt gleich einen Zweiten berühmten Russen - Lenin. Die Warteschlange am Lenin-Mausoleum war im Gegensatz zu früheren Sowjet-Zeiten überschaubar kurz. Oder lag es daran, dass der Kreml donnerstags geschlossen hat und somit weit weniger Touristen den Roten Platz bevölkerten? Dies hatte uns dazu animiert, einen Blick auf ihn zu werfen. Sein einbalsamierter Leichnam steht unter der Obhut verschiedener Wissenschaftler, die sich um den kostenintensiven Erhalt der Mumie kümmern. Immer wieder gibt es Initiativen, den 1924 verstorbenen Herrn Lenin endgültig zu Grabe zu tragen. Bisher sind sie alle gescheitert.


Der Moskauer Kreml von der Moskwa-Brücke aus


Eines der 7 Stalin-Hochhäuser am Ring
 
Historisches Museum am Roten Platz


Hinter die Kremlmauern konnten wir erst am nächsten Tag schauen. Immer eine Lücke zwischen den einzelnen Regenschauern abwartend, strolchten wir durch die Anlage – vorbei an der Zaren-Glocke und der Kanone des Zaren, dem Palast und dem Senatsgebäude, durch den Park am Glockenturm vorbei über den Kathedralenplatz.





Die Glocke steht seit fast 200 Jahren auf ihrem Sockel und gilt als eine der größten und schwersten Glocken der Welt. Leider kam sie nie zum Einsatz, da sie vor ihrem ersten Glockenschlag durch Feuer beschädigt wurde. Zur Besichtigung der berühmten Rüstkammer mit Zarenschatz und Krönungsutensilien konnten wir uns nicht durchringen. Es war uns einfach zu voll. So beließen wir es bei einem Blick in die mehrheitlich aus dem 15. Jahrhundert stammenden Kirchen mit ihren eindrucksvollen Fresken und Ikonenmalereien. Es war zu windig und zu kalt um weitere Expeditionen durch die Stadt zu starten. Unser kuscheliges Heim wartete im Sokolniki-Park auf uns.

Putins "Parkplatz" im Kreml
Gerne hätten wir den Park noch mit unseren Rädern erkundet, aber das Wetter ließ es nicht zu. Der Sokolniki-Park ist nur eine von vielen "Grünen Lungen" Moskaus, in der gejoggt, geradelt und an manchen Ecken auch getanzt wird. Im warmen Sommer sicherlich ein Genuss. Am nächsten Morgen sagten wir Moskau Ade und brachen zu unserer letzten russischen Etappe auf. Das erste Mal auf der Reise haben wir ca. 100 km südlich vor St. Petersburg für die Nacht auf einem LKW-Parkplatz eingeschert. Entlang der endlos geraden Straßen gibt es nichts mehr zu sehen, was wir nicht schon kennen.


Die Wege abseits der Hauptverkehrsader sind matschig und löchrig und die wenigen möglichen Standplätze oft vermüllt. Die Strecke zwischen Moskau und St. Petersburg ist reiner Transit, kein Genuss. Von der finnischen EU-Außengrenze trennen uns nur noch 309 km. Wir freuen uns auf Mitternachtssonne, Rentiere und Lappland!

Russische Impressionen:
Kein Dorf ohne Kriegsdenkmal

Kapelle am Wegesrand



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