Freitag, 13. Mai 2016

Jonny Transsib - auf dem Sibirian Highway nach Irkutzk



                                                    Angekommen!!!
Anfahrt auf Irkutzk
Noch etwas benommen von den Fahrgeräuschen der Landstraße, die uns die letzten Wochen ein konstanter Begleiter waren, sitzen wir beide bei einem Gläschen Wein in unserem Jonny und blicken auf die Angara, in der das Wasser aus dem Baikalsee fließt, und sehen am anderen Ufer die Skyline von Irkutzk. 

Stellplatz am linken Angaraufer
Nach so viel Natur und Taiga wollten wir uns zumindest für eine der großen Städte entlang des Weges etwas mehr Zeit nehmen. Unser Stellplatz am Ufer des Flusses hat uns nach einer kleinen Irrfahrt an überfüllten Parkplätzen vorbei quasi von alleine gefunden. Plötzlich fanden wir uns auf einer Straße wieder, die uns zurück auf die andere Flussseite führte, da hüpfte uns die schöne Stelle unterhalb der Brücke ins Auge. Besser und friedlicher kann man in einer russischen Großstadt kaum stehen.

Noch können wir es schwer fassen. Seit unserem Aufbruch am 15. März haben wir genau 10.217 KM zurückgelegt. Irkutzk liegt ca. 65 km vom Baikalsee, dem östlichsten Punkt unserer Reise, entfernt. Danach wird uns unsere Route zunächst nach Süden führen, bevor wir bei Ulan-Bataar, der Hauptstadt der Mongolei, wieder Kurs nach Westen nehmen. Für den Rückweg haben wir ein Jahr Zeit! Ist das nicht eine schöne Aussicht?

Wie geplant ließen wir die vergangenen Tage ruhiger angehen und reduzierten die tägliche Kilometerleistung. Einerseits war dies beabsichtigt, andererseits veranlasste uns das überraschend winterliche Wetter, das uns ab Krasnojarsk über mehrere Tage begleiteten sollte, zu einem anderen Takt. 


9. Mai 2016 - hinter Krasnojarsk

11. Mai 2016 - 500 km vor Irkutzk
Zweimal mussten wir unseren Jonny morgens von Schnee befreien und unser Fahrtempo den veränderten Straßenbedingungen anpassen. Die kleine Pannenserie von Karl-Heinz Magirus tat ihr Übriges dazu und die Behebung der einzelnen, kleinen, aber fast gleichzeitig auftretenden technischen Defekte, brauchte ebenfalls seine Zeit. Mittlerweile läuft sein Fahrzeug wieder einwandfrei und wir konnten Karl-Heinz heute guten Gewissens ziehen lassen. 

Wir haben den Plan von Irkutzk aus direkt nach Olchon, der größten und festlandsnah im Baikalsee gelegenen Insel, zu fahren. Ihn hingegen zog es zunächst zu einem, ihm aus der Vergangenheit bekannten Stellplatz an der Angaramündung. Spätestens in Ulan-Bataar werden wir uns wiedersehen. In den letzten Wochen hatten wir genug Zeit uns aufeinander einzuschwingen. Unsere gemeinsame Fahrt durch die Weiten der Taiga verlief harmonisch und jeder konnte seinen Bedürfnissen entsprechend unterwegs sein. Zu zweit ist man bekanntlich weniger allein, was bei Durchfahrung der Mongolei durchaus Sinn macht.

An jedem Tag mit Schneefall schien am Nachmittag wieder die Sonne. Auf der meist gut ausgebauten, ziemlich neuen Strasse genossen wir die abwechslungsreiche Fahrt durch die sich immer wieder verändernde, geschwungene Landschaft. Vorbei an kleinen, meist an der Bahntrasse der Transsibirischen Eisenbahn gelegenen Dörfern, vorbei an frei laufenden Kühen, Schafen und Pferden, durchquerten wir eine kaum besiedelte Landschaft. Greifvögel und Krähen ziehen über uns ihre Kreise. Wir werden immer seltener von LKWs überholt, das Verkehrsaufkommen wir merklich geringer. 








Für uns faszinierend sind immer wieder die Bushaltestellen, die im vermeintlichen Nichts am Straßenrand auftauchen und die kleinen, von der Magistrale abzweigenden, zu abgelegenen Dörfern führenden Nebenstraßen, die ausnahmslos ohne Asphaltdecke bei diesen Wetterverhältnissen leicht zu Rutschbahnen werden.

Am 9. Mai, dem russischen Nationalfeiertag, wollten wir aus eben diesen Gründen auf einen gebührenpflichtigen LKW-Parkplatz ausweichen, um dort zu übernachten. Der Parkplatzwächter freute sich sichtlich über unser Erscheinen. Viel war an diesem Tag nicht los. Daher hatte er sich tagsüber wohl ausgiebig mit seiner Wodkaflasche unterhalten. Er machte es sich auf der Trittstufe unterhalb von Hilmars Seitenfenster bequem, lächelte uns mit seinen Goldzähnen fröhlich an und unterhielt sich, unter Verwendung einzelner deutscher Sprachbrocken, aufs Beste mit uns. Gerne hätte er wohl mit uns noch einen Wodka auf Brüderlichkeit, Frieden und Freundschaft getrunken! Welcher Russe hat denn schon mitten im hintersten Sibirien die Gelegenheit, am Tag des Sieges, mit einem Deutschen ein Gläschen zu heben. Dem Sieg im „Große Vaterländische Krieg“, wie der 2. Weltkrieg in Russland genannt wird, wird nach wie vor jedes Jahr ausgiebig gedacht. Der 9. Mai ist einer der wichtigen Feiertage im Land. Wir sahen uns schon im Wodka davon schwimmen, verzichteten dankend und fanden ein paar Kilometer weiter doch noch ein akzeptables Plätzchen.

Unterhalb von Krasnojarsk ist der Jenissej, der sich über 3.487 km von Süd nach Nord durch Sibirien schlängelt und auch das Wasser der Angara aufnimmt, bevor er sich ins Nordpolarmeer ergießt, durch einen Damm gestaut. Hier gibt es das größte Schiffshebewerk der Welt zu bestaunen. Wir einigten uns auf einen Abstecher dorthin. 

Leider hat uns im Laufe des Tages der Winter zum ersten Mal überrascht und vor lauter Nebel war die gigantische Staumauer kaum zu sehen. Als Entschädigung konnten wir allerdings unseren ersten Adler bewundern, der sich unweit von unserem Parkplatz bei unserem Erscheinen in die Lüfte erhob.

Hin und wieder tauchen jetzt am Straßenrand mit bunten Bändern geschmückte Bäume auf – wir sind endgültig in dem Teil Sibiriens, in dem schamanische Geisteshaltung bei Teilen der Bevölkerung noch eine Bedeutung hat, angekommen. Die Polizei dagegen macht sich in dieser Gegend mittlerweile rar. „Stöckchenmänner“, wie sie von Hilmar liebevoll genannt werden, haben wir schon länger nicht mehr gesehen. 



Morgen wollen wir Irkutzk erkunden, ein bisschen bummeln und Stadtfeeling genießen, bevor wir uns am darauffolgenden Tag auf den 250 km langen Weg nach Olchon machen. Laut Fahrplan soll die Fähre, die uns hinüber bringen wird, ab dem 15. Mai wieder regelmäßig verkehren – sofern der Baikal zu diesem Zeitpunkt eisfrei ist. Wir sind gespannt, was uns erwartet!

Sowjet-Nostalgie
Irkutzk 9 - Krasnojarsk 1032
Fernfahrer Hilmar :-)


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hej ihr beide Lieben, Schnee hatten wir hier nicht mehr...in den Bergen schon. Kalte frostige Temperaturen gab es hier mitte April. Nun (Pfingsten) ist es nasskalt...Der Frühling und Sommer dürfen sich nun echt mal zeigen...únd bleiben! Diese heutige Temperaturen sind typisch ´Freibaderöffnungswetter´;-))
Eine Schöne Weiterreise in alle ruhe! passe auf euch auf. In 14 Tage geht´s bei mir Richtung Riga und Gotland:-)) ich freue mich schon .

Een heel dikke drukker van mij!