Samstag, 4. Juni 2016

Auf Wiedersehen, Russland! Hello Mongolia!



Am Montag, den 30.Mai, sind wir in der Mongolei eingereist. Hinter uns liegen geruhsame, entspannte Fahr-Tage. Nie mehr wie 150 km pro Tag dümpelten wir von Irkutzk kommend am Südufer des Baikalsees entlang und genossen die frühlingshaften Bedingungen – es gibt im Moment noch weit und breit keine einzige Stechmücke!
 
Am Baikal bei Kultuk
Am Baikalzufluss Snezhanya
Vor unserem Aufbruch auf diese Reise gehörte der Umgang mit den Mücken vom Baikalsee zu einer der größten Herausforderungen, die vor uns lagen. Iris hatte extra noch ein neues Moskitonetz für unsere Eingangstüre genäht! Es kam bisher nur einmal zum Einsatz und das weit, weit vorher – irgendwo hinter Omsk, in der Weite der Taiga auf einem Stoppelacker, hatten wir es einmal vorsichtshalber installiert. Aber da auch die Mongolei nicht ganz mückenfrei sein soll, waren Iris Bemühungen sicherlich nicht umsonst.


Übernachtungsplatz 150 km vor der Grenze
Die Landschaft, durch die wir fuhren, änderte sich hinter Ulan-Ude drastisch. Nichts erinnerte mehr an die russische Taiga und die endlosen Birkenwälder, die wir in den vergangen Wochen an verschiedenen Längengrade in den unterschiedlichsten Phasen ihrer frühlingshaften Vegetationsperiode erleben konnten. Waren sie bei Omsk vor fast 4 Wochen schon mit frischem, hellgrünen Laub bestückt, ragten die schwarzweißen Stämme bei unserer Ankunft am Baikalsee noch ziemlich kahl in den Himmel. Sanft geschwungene Grashügel ziehen sich jetzt am Horizont entlang, keine Birke mehr weit und breit. Bei Erreichen des südlich von Ulan-Ude gelegenen buddistischen Klosters Iwolginsk, hatten wir das Gefühl bereits in der Mongolei zu sein. 




Nach den vielen, frisch herausgeputzten, orthodoxen Kirchen und Klöstern mit ihrem strengen Ritus war es sehr entspannend, hier einfach spazieren zu gehen und dem Alltagstreiben der Mönche zuzusehen. Im Kloster wird ein ganz besonderer Heiliger verehrt, über den es in Youtube auch verschiedene Filme zu sehen gibt. Ein- oder zweimal im Jahr wird er „ausgepackt“, was immer einen großen Besucheransturm mit sich bringt. Bei unserer abendlichen Stippvisite Ende Mai waren wir fast die einzigen Gäste.


Ab jetzt fahren wir wieder im Doppelpack. Karl-Heinz hatte am Kloster auf uns gewartet. Es war Zeit, das Projekt „Grenzübertritt“ anzugehen. Erfahrungsberichte sprechen von einem ziemlich zeitaufwendigen Stempelmarathon auf mongolischer Seite, etwaige Mittagspausen der Grenzbeamten, die den ganzen Betrieb lahmlegen und reisenden Mongolen, die sich immer wieder gerne vordrängeln. Wir waren gespannt.
 
Ganz Normal :-)
Grenzübergang Kjakhta/Altanbulag
13 km vor der Grenze bei Kjakhta wurden auf russischer Seite unsere Pässe erstmals kontrolliert. Um 10:50 rollten wir aufs Gelände, um 11:35 war die 10 Minuten lange Zollinspektion beendet. Wir durften im Office die abgestempelten Zolldokumente in Empfang nehmen und zur Passkontrolle weiterfahren, 12:32 waren wir durch. Wäre nicht die Gruppe der nach uns eingetroffenen sechs portugiesischen Motorradfahrer vor uns abgefertigt worden, wäre es schneller gegangen. Die motorradfahrenden Herren hatten ihre Zweiräder nach Wladiwostok verschifft, sie dort in Empfang genommen und haben jetzt 75 Tage Zeit, via Mongolei, Iran, Türkei und Griechenland zurück nach Portugal zu fahren. Im Vergleich dazu sind wir sehr, sehr geruhsam unterwegs!
 
Abends in der Mongolei
Im Gegensatz zu uns haben die Portugiesen vor Start der Reise intensiv russisch gepaukt und konnten uns so auf mongolischer Seite die ein oder andere logistische Herausforderung erläutern. Zur mongolischen Grenzabwicklung lässt sich nur eins sagen: strukturiertes, prozessorientiertes Vorgehen sieht definitiv anders aus. Wichtig ist, keinen Stempel auszulassen. Zuerst: Fahrzeughalter muss sein Fahrzeug am Häuschen neben der Durchfahrtsschleuse registrieren lassen. Zweitens: Ab ins Haus, Einreiseformular und Zolldeklaration ausfüllen und den Einreisestempel im Pass einholen. Die zwei Mädel vom Immigrationoffice waren gut drauf und trällerten auch schon mal vor sich hin. Zwischenzeitlich wollte immer wieder ein Zollbeamter in grauer Uniform unser Auto inspizieren, ein anderer Beamter meinte, Stempel im Pass ist wichtiger. Alles in allem waren wir 2 Stunden später am Grenztor angelangt, nicht ohne vorher bei der Bank 100 € in ca. eine Viertelmillion Tugrik gewechselt zu haben. Vor Verlassen des Grenzbereichs mussten wir 10.000,- an Straßenbenutzungsgebühr und 42.500,- für die mongolische Autoversicherung bezahlen. Ach ja, 100 Rubel für die Durchfahrt des im Eingangsbereichs befindlichen Desinfektionswasserbads mussten irgendwo zwischendrin ebenfalls den Besitzer wechseln. Leider ist im Grenzbereich das Fotografieren verboten, sonst hätten wir zu gerne ein Foto von der hübschen jungen Dame an der Einfahrt zur mongolischen Grenze gemacht. Hübsche weiße Bluse, enger Rock, hohe Stiefel und eine ganz, ganz große Schirmmütze auf dem Kopf. Es ist eben jeder wichtig!



Immer entlang der Peace Road
Eingang zum Markt
Nun sitzen wir im Guesthouse Oasis in Ulan Bataar, haben heiße Dusche und ein einigermaßen stabiles Wifi. Um das Guesthouse zu erreichen muss man einmal quer durch die Stadt, womit ein Teil vom Sightseeingprogramm bereits erledigt wäre. Unsere Aufenthaltserlaubnis für die Mongolei konnten wir gestern problemlos beim Office of Immigration am Airport um 3 Wochen verlängern und bereits auf dem großen „Schwarzmarkt“ in der Stadt einige Einkäufe erledigen. Wir sind glücklich, endlich hier zu sein! Einerseits sind wir am Ziel und doch wiederum am Anfang einer neuen Etappe und irgendwie auch mittendrin. Im Guesthouse ergeben sich verschiedene Schwätzchen mit meist motorradfahrenden Reisekollegen. Jeder, der sich auf den Weg in diese Ecke der Welt macht, hat etwas Interessantes zu erzählen. 

Einen ersten intensiven Eindruck von mongolischer Kultur, der Landschaft, dem Nomadenleben der Hirten und den uns in den nächsten Wochen erwartenden Straßenverhältnissen, konnten wir zwischen Grenze und hier erhaschen.

Auf dem Weg nach Amarbayasgalant
Wir haben mit großer Dankbarkeit im Herzen die ersten Ovoos, die häufig oben an einem Pass zu finden sind, umrundet und dem Steinhügel weitere Steine zugefügt. Das Nichtumrunden des Ovoos könnte zum persönlichen Nachteil gereichen, was wir unter allen Umständen vermeiden wollen! Die Dankopfer, die die Mongolen hier zusätzlich ablegen, könnten vielschichtiger nicht sein. Der 2-tägige Abstecher zum abseits, in wunderbarer Alleinlage eindrucksvoll in den Bergen gelegenen Lamakloster Amarbayasgalant wird uns noch lange in Erinnerung bleiben. 30 km teils anspruchsvolle Piste mussten bewältigt werden um dorthin zu gelangen. Die Mantragesänge der Mönche, denen wir am Morgen lauschen durften, werden uns sicherlich noch lange bewegen.


Kloster Amarbayasgalant
Unser Jonny ist hier auch zu sehen!
 

Zurück auf der Hauptstraße suchten wir auf halbem Weg nach Ulan-Bataar einen Nachtplatz und stießen völlig überrascht überall an den schönen Plätzen auf mongolische Familien beim Picknick. Degi, die deutschsprechende Managerin des Guesthouses, konnte das Rätsel für uns ein paar Tage später auflösen. Der 1. Juni ist Feiertag! Der „Kindertag“ gehört der Familie und da es einer der ersten wirklich heißen Tage des Jahres war, zog es viele Stadtmongolen an die Flüsse und Seen der Umgebung.




Zu Ulan-Bataar, der Hauptstadt der Mongolei, in der mehr als die Hälfte aller Mongolen leben sollen, könnte man einen langen Roman schreiben. Von Bauboom und Aufbruch, von herausfordernd dichtem Straßenverkehr, Smog und einem seit der Demokratisierung des Landes einsetzenden Geldfieber. Aber das ist eine eigene Geschichte, zu der wir hier nichts weiter erzählen wollen. Wir fühlen uns hier ganz wohl. Es gibt chaotischere Städte. Das Guesthouse Oasis macht seinem Namen alle Ehre und die Erholung nach einem anstrengenden Stadttag ist garantiert. Gestern war Ruhe angesagt. Heute geht es nochmal in die Stadt. Karl-Heinz ist bereits vorgefahren. Wir werden ihm in 2 Tagen in Richtung Bulgan folgen und freuen uns schon jetzt auf die eindrucksvollen, weitläufigen Landschaften, die uns erwarten.



Für Fiona :-)

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