Montag, 9. Februar 2015

Tafraoute

zu 4t unterwegs
Es ist ein seltsames Gefühl, nach 3 Wochen wieder alleine zu sein. Die „Platte“ bei Agadir füllte sich nach und nach immer mehr und in „unserer Ecke“ hatte sich ein Grüppchen Gleichgesinnter zusammen gefunden. Die Tage flogen nur so dahin. Die marokkanischen Händler brachten neben dem Frühstücksbrot auch Fisch, Gemüse, Solarpanele, Arganöl, süße Teilchen und andere Kleinigkeiten vorbei. Auch der Wasserwagen ließ sich regelmäßig blicken. Es wurde einem sehr leicht gemacht, einfach stehen zu bleiben.
 
Das angenehme Wetter und die fröhliche Gesellschaft ließen die Gedanken an einen Aufbruch vorerst nicht aufkommen und machten das Warten auf unser Ersatzteil zur Nebensache. Jeder pusselte an seinem Fahrzeug herum, Reifen wurden nachgeschnitten, Erfahrungen ausgetauscht, gemeinsam gekocht, Boule gespielt, geputzt und kleine Reparaturen durchgeführt. Wir machten verschiedene kleine Motorradausflüge, u.a. auch in das wunderbare „Paradise Valley“. Allein schon das Warten auf den Fischmann war ebenfalls sehr vergnüglich, hatte er doch einmal zu tief in Iris „Augen“ gekuckt, wodurch sich die Anzahl der Fische, die wir auf den Grill legen konnten, auf magische Weise von 4 auf 5 erhöhte. Peter und Anja (www.jumbo-on-tour.de) erzählten aufs Anschaulichste, was sie auf ihrer eineinhalbjährigen Radltour von Deutschland nach Singapur erlebt hatten, Karl-Heinz (www.benemsi.blogspot.com) blickt auf über 40 Jahre vielfältigste Reiseerfahrung zurück und hatte eben erst Afrika umrundet und Jörg (www.oneyearout2014.blogspot.com) aus Bremen stellte die bayerische Bierbank bereit, die uns allen Platz bot. Und wir?
Wir hörten zu und ließen uns inspirieren.

 
Paradise Valley
Aber jedes Warten hat ein Ende. Der bestellte Bremslichtschalter konnte nach 10 Tagen in Empfang genommen und eingebaut werden, der Auspuff von Karl-Heinz Magirus war repariert und Anja und Peter bekamen „Hummeln im Hintern“. In unserem Grüppchen war zwischenzeitlich der Gedanke gereift, gemeinsam nach Tafraoute zu fahren, um dort ein paar schöne Tage in den Bergen abseits vom Trubel zu verbringen. Karl-Heinz kannte dort bei den „Blauen Steinen“ einen schönen Platz, der auch für Jörg mit seinem „Standardmobil“ problemlos zu erreichen war und uns schließlich eine weitere Woche beherbergte. 
Auf der R105 nach Tafraoute



Tafraoute ist das Versorgungszentrum im westlichen Antiatlas und liegt auf ca. 1.000m malerisch  inmitten einer faszinierenden Granitlandschaft. Hier kann man es ein paar Tage aushalten, in den Felsen klettern und die Landschaft genießen. Die Berge bilden eine grandiose Kulisse und leuchten im Abendlicht wunderbar rot. Um diese Jahreszeit beginnen auch die Mandelbäume, für die diese Gegend bekannt ist, zu blühen.
 
Die „Blauen Steine“ sind nur deshalb blau, weil sie der belgische Künstler Jean Vérame mit leuchtend bunten Farben angemalt hat. Noch großflächigere und ebenso umstrittene Kunst hat der gleiche Künstler im Sinai, in der dort bekannten „Blue Desert", hinterlassen, die Iris schon 1993 gesehen hat. Unterdessen wurden die meisten der Steine bei Tafraoute neu bemalt und dienen den Technofreaks unter den „Überwinterern“ als Kulisse für ausschweifende, über mehrere Tage andauernde Partys. Ob es der Vollmond war, der die Technojünger zeitgleich mit uns zu den Steinen lockte, wissen wir nicht. Aber so richtig konnten wir die Landschaft erst 3 Tage nach unserer Ankunft genießen, denn von Samstag bis Montag wummerten die Bässe durch die Ebene. Gott sei Dank stand der Wind günstig und wir bekamen von dem Spektakel nur wenig mit.

Marokko ist nicht nur kulturell ein faszinierendes Land, auch die Landschaften sind so abwechslungsreich und vielfältig, dass man hier ewig bleiben könnte. Nach längerem Überlegen haben wir uns dazu entschlossen, genau das auch zu tun und unser Marokkovisum, das ursprünglich auf 3 Monate angelegt war, zu verlängern. Sonst hätten wir pünktlich zu Iris Geburtstag wieder in Spanien sein müssen. Die Visaverlängerung wollten wir in Tafraoute auf den Weg bringen, braucht es doch eine Polizeistation, die das ganze abwickelt. Der Prozess erinnert ein bisschen an das Lied von Reinhard Mey vom „Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars“. Man braucht von Pass, Stempel, Visakarten, Bankbeleg, Campingplatzbescheinigung UND dem Antragsformular jeweils 4 beglaubigte Kopien, die dann zusammen mit den 4 Passbildern hoffentlich zur Verlängerung des Visums führen. Mit dem Verantwortlichen vom Campingplatz „Granite Rose“ haben wir eine Übereinkunft getroffen, die uns darauf hoffen ließ, dass Visum innerhalb einer Woche in den Händen zu halten OHNE die ganze Zeit auf dem Campingplatz bleiben zu müssen.

Die gemeinsam verbrachten Tage bei den Blauen Steinen waren sehr, sehr schön. Gekocht wurde meistens am Feuer, wobei Karl-Heinz oft in die Rolle des Chefkochs schlüpfte. Jeder ging seinen Bedürfnissen nach und genoss doch gleichzeitig die Atmosphäre in der Gruppe. Karli, Karl-Heinz Kangal, passte auf uns auf und sorgte für unsere Sicherheit! Aber auch die Zeit muss zu Ende gehen! Peter und Anja brachen, nicht ohne vorher doch noch einen Tag dran gehängt zu haben, mit Ziel Süden als erste auf. Jörg fuhr gemeinsam mit uns zum Campingplatz, wo wir hofften unser Visum vorzufinden und für Karl-Heinz fanden sich pünktlich zu unserer Abfahrt andere ein, die mit ihm noch ein paar Tage bei den Steinen blieben.  
 


 
 

Das Visum war am Samstag leider noch nicht da. Jetzt ist Montag und wir hoffen immer noch. Mittlerweile haben wir erfahren, dass die Absegnung der Papiere in Tiznit stattfindet. Vielleicht wäre es dort schneller gegangen, die gemeinsam verbrachte Zeit hier oben wollen wir aber um keinen Preis missen. Mittlerweile sind wir die letzten der „4 Musketiere“, alle anderen haben sich in verschiedene Himmelsrichtungen zerstreut. Was aber nicht bedeutet, dass wir den ein oder anderen nicht wieder sehen werden. Wir beide freuen uns jetzt allerdings auf ein paar Tage zu zweit, sind wir doch in Marokko unterm Strich erst VIER Tage alleine unterwegs gewesen, die Zeit in Zagora nicht mitgerechnet. Sobald wir unseren Verlängerungsstempel haben geht es in Richtung Süden, anschließend bei Tiznit wieder ans Meer. Danach heißt die grobe Richtung: Marrakesch!
 
 
Kali

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