Mittlerweile sind wir in dem kleinen geschichtsträchtigen Städtchen Suzdal angekommen. Suzdal gilt als das sehenswerteste Örtchen derer, die sich auf der Ringstraße oberhalb von Moskau, dem „Goldenen Ring“, wie Perlen auf einer Schnur aneinander reihen. Nicht umsonst besteht zwischen Rotenburg o.d.Tauber und Suzdal eine Städtepartnerschaft.
Suzdal |
Die, von der UNESCO
zum Weltkulturerbe erklärten Kirchen, Klosteranlagen, Festungen oder
sehenswerte Altstädte, geben sich hier quasi die Hand. Nirgends in Russland
gibt es so viele gut erhaltene oder wieder restaurierte Kulturgüter zu sehen
wie hier. Außer in St. Petersburg natürlich.
Dies ist allerdings nicht allein der
Grund, der uns hierher geführt hat. Suzdal verfügt, neben St. Petersburg und
Moskau, über einen der wenigen, dem europäischen Standard entsprechenden Campingplätze
Russlands und demnach auch über eine Waschmaschine. Vorrangig wollten wir uns
und unseren Wäscheschrank einer Generalsanierung unterziehen, bevor wir die
nächsten 3000 km unter die Räder nehmen. Ab hier geht es, meist der M7 folgend,
Richtung Osten. Zuerst führt die Route noch ein Stückchen an der gewaltigen
Wolga entlang, bevor sie sich hinter dem Ural in endlosen Birkenwäldern verliert.
Auf dem Weg hierher lag in Puschkin der Katharinenpalast
verkehrsgünstig am Wegesrand, was uns trotz begrenzter geistiger Aufnahmefähigkeit
dazu veranlasste, hier einen kurzen Sightseeingstop einzulegen. An diesem fast
schon frühlingshaften Wochenende besuchten auch viele Russen das Schloss und
die Parkanlangen. Wir genossen den Spaziergang durch die weitläufigen Gärten
ebenfalls.
Die Sophienkathedrale in Weliki
Nowgorod oder auch die Klosteranlage von Sergijew Possad, die ebenfalls an unserem
Weg lagen, erstrahlen teilweise in üppigem Glanz. Kaum vorstellbar, das religiöses
Leben in Russland zu Sowjetzeiten faktisch nicht existierte und sakrale Bauten
zu Museen, Wohnungen oder Verwaltungsgebäuden umgewidmet waren. Viele standen
einfach leer und waren so dem Verfall preisgegeben.
Auf dem Weg nach Suzdal war die Suche nach geeigneten
Übernachtungsplätzen nicht immer einfach. Die Wälder, an denen wir
vorbeifahren, sind meist zu sumpfig, die Waldwege in dieser Jahreszeit zu nass
um befahren zu werden. Iris kann zwar unter Zuhilfenahme der Mapswithme-Karten-App
auf ihrem Pad das ein oder andere „Leckerli“ ausfindig machen.
Übernachtungsplatz Weliki Nowgorod |
Verfallen und verlassen schien uns auch eine ehemalige
Kolchose, die wir uns kurz vor Suzdal als Übernachtungsplatz ausgesucht hatten.
In den Angeln hängende Tore, löcherige Dächer, Gras in den Ritzen der
Bodenplatten. Wir hatten wenig Alternativen, also fuhren wir auf das Gelände. Kaum
hatten wir uns eingerichtet, kam auch schon eine Dame daher gefahren und fragte
nach, was wir hier den wollten. Nicht, dass wir sie wirklich verstanden hätten.
Die Russen plappern einfach in ihrer Sprache und wir in unserer, mit ein paar
Brocken Englisch versetzt und prompt weiß jeder was gemeint ist. Schließlich
durften wir auf ihrem Gelände bleiben und die Arbeiter, die am Morgen mit ihren
Traktoren Dinge verschoben, waren bereits schon über unser Woher und Wohin
informiert.
Sofern ein internetfähiger Computer in der Nähe ist, wie
hier am Campingplatz, kommt bei Verständigungsproblemen schon mal ein
Übersetzungsprogramm zum Zuge. Er junge Rezeptionist schrieb auf Russisch, Iris
las die englische Übersetzung und tippte Englisch zurück. Mit dem kyrillischen
Alphabet sind wir mittlerweile vertraut, wobei die anfänglich zweisprachige Darstellung
auf den Ortseingangstafeln Iris als Leseübung diente. Als Beifahrer hat sie in
diesem weiten, großen Land, indem die Straßen meist gerade ausgehen, durchaus
Muse dazu.
Russland ist sicherlich sehr anders, als andere Länder, die
wir bisher bereist haben. Anderseits wirkt es auch seltsam vertraut. Vielleicht
liegt es daran, dass wir letztes Jahr viel Zeit in Polen verbrachten und unsere
Anreise über das Baltikum, mit seiner sowjetischen Vergangenheit, uns langsam an
dieses Land heranführte. Eine Leninstatue fanden wir bisher in jedem Ort, aber
auch Zeugen westlicher Kultur sind hier und da zu finden. Dieser Donald mag
zwar nicht ganz den Disney Style Guide – Normen entsprechen, aber Mickey Mouse,
MacDonald und Burger King sind mittlerweile fester Bestandteil des Straßenbildes.
Gesehen in Weliki Nowgorod |
Moskau haben wir ausgelassen. Iris kennt die Stadt aus
der Zeit, als sie beruflich viel unterwegs war. Hilmar und Karl-Heinz hatten
keinerlei Interesse, Moskau mit dem Auto zu erobern. So sind wir auf dem
äußeren Umfahrungsring geblieben, wobei uns die kleinen Städte, die wir durchfuhren,
verkehrstechnisch schon gereicht haben. Die Russen überholen gerne auch an
Stellen, die sich aus unserer Sicht überhaupt nicht dafür eignen.
Als Fahrer
weiß man nie, ob nicht gleich ein anderes Fahrzeug rechts oder links vorbei
schießt. Als erleichternd empfinden wir den zeitlichen Hinweis an den Ampeln,
wie lange die jeweilige Ampelphase noch andauern wird. Hilmar, der mit unserem
Jonny meist voran fährt, kann seinen Fahrstil dementsprechend anpassen und
darauf achten, dass wir Karl-Heinz nicht abhängen.
Ab jetzt wird es kulturell um einiges ruhiger werden. In den
nächsten Wochen werden wir unser Ziel, die Mongolei, nicht mehr aus den Augen
lassen! Laut unserem Navi sind es bis Novosibirsk 3100 km. Von dort geht es durch das Altaigebirge endlich in die Mongolei!
Stadtansicht Sergijew Possad |
1 Kommentar:
Hallo Ihr Beide!
Tolle Bilder! Interessanter Text.
Schöne Gegend!
Immer wieder schön mit euch mitzureisen:-))
Genieße es. Gute und sichere Fahrt.
een heel dikke drukker!
aus das eisig kalte Freising. mit Schneegestöber.
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