Aber zurück zu Armenien. Bisher hatten wir nur gehört, dass
die Straßen schlecht und die Strecken bergig sein sollen. So traf es dann auch
zu. Volle Konzentration war gefordert. Für die schöne, meist sonnige Aussicht,
hatte Hilmar als Fahrer wenig übrig. Er musste eine einigermaßen akzeptable Route
durch die unzähligen Schlaglöcher finden. Es gab auch gute Abschnitte, aber die
Teile, in denen kleine Bautrupps liebevoll mit Presslufthammer die vorhandenen
runden Löcher in rechteckig Scharfkantige verwandelten, überwog. Irgendwo stand
meist auch ein kleiner Teerkocher rum, aber mit dem Auffüllen der ausgehobenen Löcher
kamen sie nicht so richtig nach. Hilmars Ziel war es, möglichst zügig durchs
Land zu fahren. Iris brachte ihn allerdings des Öfteren von der geraden Linie
ab, da sie – mittlerweile etwas belesener – verschiedene kulturelle Highlights
am Streckenrand ansteuern wollte.
Einmal dem Süden Armeniens mit seinen Pässen
auf 2 500 m ü. M und den ziemlich trist und frustrierend anmutenden alten
sowjetischen Bergbaustädten entkommen, erreichten wir nach 2 Tagen Goris. Hier
mussten wir uns entscheiden. Berg Karabach oder weiter durch Armenien? Da
Hilmars Fahrplan keine extra Schlenker vorsah, ging es weiter Richtung Eriwan,
Armeniens Hauptstadt, die wir nie erreichen sollten.
Aber Tatev ist
nicht das einzige Kloster in Armenien, das es zu besichtigen lohnt. Die christliche
Vergangenheit des Landes hat an oft sehr exponierten, landschaftlich traumhaft
gelegenen Orten, zwischen 1000 und 1300 n. Chr., sehr beeindruckende Klöster
und Kirchen entstehen lassen.
Einige davon sind heute UNESCO – Weltkulturerbe,
manche in Ruinen und andere, Dank privater Geldgeber, teilweise renoviert. Neben den Kirchen finden sich allerorten auch sog. Khachkars, alte Grabsteine,
die teilweise wunderbare und sehr filigrane Steinmetzarbeiten aufweisen. Iris,
die sich in Irland ziemlich gut auskennt, wurde oft an die dortige
frühchristliche Kultur mit Hochkreuzen, Rundtürmen und Klöstern an exponierten
Orten erinnert. Ihre Begeisterung für das armenische Kulturgut war geweckt!
Unser Weg durch den Norden Armeniens führte nach einer im
Tal von Kloster Noravank verbrachten Nacht, bei schönstem Wetter über den
Selim-Pass, vorbei an einer kurz unterhalb der Passhöhe gelegenen alten Karawanserei,
die viele Jahrhunderte Eis und Schnee unbeschadet überstanden hat. Schwere
Basaltblöcke prägen das Bild innen und außen, nur spärlich fällt das Licht
durch die Deckenöffnungen!
Noravank ist eindrucksvoll am Ende eines einsamen
Tales gelegen, früher sicherlich nur durch einen Felsspalt und einen Saumpfad
für Esel zu erreichen. Viele Besucher gab es außer uns nicht. So konnten wir
die beschauliche Ruhe dieses abgelegenen Ortes wunderbar genießen.
Bevor es ab Wanadsor durch
den Debed Canyon Richtung georgische Grenze ging, drehten wir noch eine kleine Schlaufe
um den Sevansee. Sevanavank als ehemaliges Inselkloster und Goshavank, im
Ortskern eines kleinen, über Serpentinen erreichbaren Dorfes gelegen, lagen auf
dem Weg. Wir haben gelesen, dass der Seespiegel des Sevansee, an dessen Ufer
wir zwei Nächte verbrachten, früher um 10 m höher lag. Durch Errichtung eines
Kraftwerks am Abfluss des Sees kam es zur Absenkung und damit zur fußläufigen
Erreichbarkeit des ehemaligen Inselklosters. Hier tummelten sich auch erstmals
diverse Souvenirhändler, die tatkräftig versuchten ihre Ware an den Mann zu
bringen.
Wodkarunde |
Der alte Dorffriedhof von Noratus am westlichen Seeufer hatte es Iris
besonders angetan – viele alte Grabsteine, viele alte Khachkars. Sie war
fototechnisch voll in ihrem Element, während Hilmar es sich im Jonny gemütlich
machte. Zwischen Wanadsor und georgischer Grenze schlängelt sich auf
80 km der Fluss Debed durch einen beeindruckenden Canyon durch, wobei neben dem
Fluss, auch Bahnlinie und Hauptverkehrstrasse verlaufen. Im Talgrund finden
sich überall, da wo es möglich ist, stillgelegte, postsowjetische Relikte, die unserem
Empfinden nach dem Auge wehtun. In den Orten Sanahin und Haghpat, die oberhalb
des Canyons liegen und über Serpentinenstraßen erreichbar sind, befinden sich zwei
der Hauptsehenswürdigkeiten Armeniens, die beiden gleichnamigen UNESCO-Klöster.
Die wollten am letzten Tag unseres einwöchigen Armenienaufenthalts abschließend
besucht werden.
Die Fahrt durch den Canyon verlief allerdings weniger
reibungslos als anfänglich angenommen, denn die ersten 20 km der Strecke waren Baustelle.
Anfänglich regnete es zudem wie aus Kübeln, was den teilweise sehr erdigen
Untergrund zusätzlich aufweichte. Von Hinweistafeln, die auf eine eventuelle
Straßensperrung hinweisen, keine Spur. Mittlerweile hatte die Sonne sich durch
die Wolken gearbeitet, gegen Ende der 20 km war das Bauvorhaben
Straßenerneuerung, bereits ziemlich weit fortgeschritten.
Und plötzlich –
schwere Maschinen und Felsbrocken auf der Straße – nichts ging mehr. Es sollte
eine Umfahrung geben, erläuterte uns einer der Bauarbeiter mit Händen und
Füßen. Also 2 km zurück und über eine kleine Brücke über den Fluss. Ein Ministräßchen
schlängelte sich vor unserem Jonny den Berg hinauf. Für große Fahrzeuge war die
Umfahrung allerdings weniger geeignet, musste doch nach wenigen Metern die
Bahnlinie unterfahren werden. Unsere anfängliche Skepsis wurde bestätigt – Rien
ne va plus –
nichts ging mehr. Wir tasteten uns ein paar Meter in die
Unterführung hinein, aber der Reservereifen auf dem Dach verhinderte eine
Weiterfahrt. Was war das kleinere Übel? Ihn abzubauen oder zurückzufahren? Wir
entschieden uns für die zweite Variante, machten kehrt und suchten auf der
Karte die kürzeste Strecke außen herum. Die Baustellenfahrt, inklusive Rücktour,
hatte uns 3 Stunden gekostet, die Alternativroute uns jedoch für die Strapazen
mit einem schön gelegenen Nachtplatz belohnt.
Im Nachhinein stellte sich
heraus, dass von Norden kommend die Straßensperrung sehr wohl gekennzeichnet
und die von uns als Alternative gewählte Route die ausgewiesene
Umleitungsstrecke war. Hätten sie im Süden des Canyons nicht auch ein Schild
aufstellen können? Die Klöster Sanahin und Haghpat haben wir schließlich doch
noch erreicht, wobei Haghpat mit Sicherheit das schöner Gelegene von beiden
ist. Die Atmosphäre von Sanahin hatte sich uns weniger erschlossen, muss man
doch, um das alte Kloster zu erreichen, erst einmal eine Plattenbausiedlung
durchfahren, an deren Rand es mittlerweile liegt. Die Wertschätzung und
Kultivierung der alten Baudenkmäler sah zu Sowjetzeiten einfach anders aus.
Haghpat dagegen liegt als Mittelpunkt eines kleinen Dorfes wunderbar über dem Tal.
Das Zwitschern der Schwalben, die in den alten Gemäuern ihre Nester errichtet
haben, wird uns noch lange in Erinnerung bleiben. Von dort war es zur georgischen Grenze nicht mehr weit. Am
nächsten Morgen sagten wir Armenien ausgeruht Ade und waren keine Stunde später
in Richtung georgische Hauptstadt Tbilissi
unterwegs.
Sanahin |
Haghpat |
1 Kommentar:
danke ihr lieben fürs mitreisen.....
een heel dikke drukker
gute weiterreise.
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