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Zagora |
Morgens um 10 nach 9 kam die Sonne über den Djebel Zagora,
den Berg, der unseren Campingplatz Oasis Palmier im Südosten überschattete,
gekrochen – Zeit zum Aufstehen! Bis der Tee gekocht, das Brot geschmiert und
das Frühstück verzehrt waren, konnte es leicht 11 Uhr werden.
Ein Ratsch mit
den Nachbarn, vielleicht ein Gang in die Stadt, Autopflege und –endsanden, Wäsche
waschen, die Tage vergingen viel zu schnell. Auch hatten wir uns beide eine
Erkältung eingefangen, die es galt auszukurieren. Wir genossen es 14 Tage lang,
dem Kommen und Gehen auf dem Campingplatz zuzusehen. Manche, die Weihnachten
mit uns auf dem Platz verbracht hatten, kamen nach einem mehrtägigen Ausflug
ins Erg Chigaga Neujahr wieder. Des Öfteren viel abends eine Horde spanischer,
polnischer oder niederländischer Jeeps mit Dachzelten über den Platz herein,
die morgens schnell wieder verschwunden waren. Ein zeltender Fahrradfahrer aus
Deutschland wurde gesichtet, auch Wohnwagengespanne und konventionelle
Wohnmobile. Für jeden gibt es in Marokko die richtigen Straßen und das passende
Umfeld. Trotzdem war es sehr ruhig, zu ruhig für diese Jahreszeit. Viele
Touristen bleiben dieses Jahr aus. Zeitweise waren wir fast die einzigen auf
dem Platz. Der islamistisch geprägte Terrorismus wirkt sich auch hier negativ
auf den Tourismus aus. Wir können da nur für uns sprechen – wir fühlen uns wohl
und sicher in Marokko und hatten bisher zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, nicht
willkommen zu sein.
Wir haben unseren Aufenthalt in Zagora sehr genossen und die
Ruhe gefunden, die wir uns gewünscht hatten. Unser Jonny ist wieder flott. Frisch
abgeschmiert, mit neuen Ölen, neuen Filtern und unerwarteter Weise auch mit zwei
neuen Blattfedern ausgestattet, fährt er jetzt wieder flüssig und geschmeidig
über Stock und Stein. Die Anforderungen der bisher, in Marokko zurück gelegten
Kilometer, hatten ihre Spuren hinterlassen. Bei 2 Blattfedern bestand
Bruchgefahr. Mohamed Gordito, dem wir unseren Jonny zur Überholung anvertraut
hatten, riet zur Sanierung. Dies brachte uns nach dem Ölwechsel einen weiteren
Tag in seiner Werkstatt ein.
Aber so schnell und zielstrebig wie seine
Mechaniker die Federn aus- und wieder einbauten, konnten wir gar nicht gucken.
Die Reparatur fand am Straßenrand statt, da unser Auto für die Werkstatt zu
groß war. Hilmar staunte nicht schlecht über die handwerkliche Kunst, die da
zutage kam. Die Reparaturen wurden gleich am Anfang unseres Aufenthalts in
Zagora durchgeführt. Ab dem 26. 12. standen die Räder still. Wir hatten Zeit uns auf Land und Leute einzulassen.
In den
Ort ging es entweder 30 Minuten zu Fuß oder wir winkten uns ein kleines gelbes
„Petit Taxi“ heran, dass uns für 4,50 Dirham pro Person (45 Cent) ins
Ortszentrum fuhr.
Der obligatorische Gang durch die Markthalle endete meist am „Cafe
Oskar“, das, gleich neben der Moschee und vor der örtlichen Patisserie gelegen,
ein idealer Ort war, dem Treiben auf der Straße zuzusehen. Das Leben, das sich
da vor einem ausbreitete, könnte vielschichtiger nicht sein. Männer in
traditionellem Burnus, daneben gestylt in Jeans und Turnschuhen, Frauen mit
oder ohne Kopftuch, in Tücher gehüllt oder westlich gekleidet – Marokko lebt
von der Vielfalt der Menschen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Vor allem die Schulmädchen, die leicht an ihren weißen
Kurzmänteln, die sie über der Kleidung tragen, zu erkennen sind, begegnen uns
offen und neugierig und fragen schon einmal, wie man den heißt. Bei unseren
Souvenireinkäufen verstand Iris es mittlerweile, mit dem Lächeln einer Mona
Lisa, die Preise einfach zu halbieren, was ihr den Respekt der Händler und den
Spitznamen „Schlitzohr“ einbrachte. Hilmar genoss es, diesem Geschehen gelassen
und schmunzelnd zuzusehen. Zwar besitzen auch wir mittlerweile Dinge, von denen
wir vorher nicht wussten, dass wir sie haben wollten. Aber wer rechnet schon
damit, dass die freundliche Frage, ob man vielleicht Postkarten MIT Briefmarken
bräuchte, im Schmuckladen nebenan endet? Dabei wollten wir doch nur Passbilder
für die Visumverlängerung anfertigen lassen!

Als Faszinierend haben wir die unzähligen kleinen
Werkstätten erlebt, in denen noch viel in Handarbeit hergestellt wird.
Schreinereinen und Schlossereien, Schneidereien, Fahrradwerkstätten, Kissen- oder Zeltnähereinen, alle mit offenen Türen. Und
dazwischen immer wieder kleine Gemischtwarenhandlungen, die Waren ordentlich in
Regalen bis zur Decke gestapelt und Ladenbesitzer, die das Gewünschte hinterm
Tresen hervorzaubern.
Der eine hat Küchenrollen, der andere nicht.
Bei dem
einen gibt es Nutella, bei dem anderen dafür wieder was anderes.
Statt
Konkurrenz, erleben wir eher eine Geschäftemacherei, die Hand in Hand geht und
das Gesuchte wird schon mal beim Nachbarn organisiert. Iris grundlegende Französischkenntnisse
reichen für die Bewältigung der Alltagsgeschäfte völlig aus, viele sprechen
auch Englisch oder ein paar Brocken Deutsch. Selbst beim Bezahlen hat man noch
Freude, sind die Preise nach europäischen Gesichtspunkten doch sehr, sehr
niedrig. Aber jede Zeit hat ein Ende und so haben wir uns am
3-Königstag wieder auf den Weg gemacht.
Kurz entschlossen unternahmen wir noch
einen Abstecher ins 100km entfernte Mhamid im Süden, um selbst ein Blick auf die
Dünen des Erg Chigaga zu werfen; der Kaffee im „Cafe Oskar“ war für den Rückweg
allerdings bereits eingeplant. Windig waren die Tage am Rande der Sahara. Zuerst trieb uns
der kühle Wind ins Auto, am nächsten Tag war es grau und bedeckt, aber etwas
wärmer. Am zweiten Tag ließ uns der warme Wüstenwind, der sich in einen aus dem
Norden kommenden Sandsturm verwandelte, bei sonnigem Wetter nicht aus dem Auto!
Die Dünen des Erg Chigaga bekamen wir daher nicht zu Gesicht. Die Bedingungen waren
für eine Wüstentour wenig ideal.
Die 3 Tage mit Rundblick im Camping LaBoussole,
oben auf dem kleinen Hügel am Ortsrand von Mhamid, geschützt hinter einem
kleinen Lehmpavillion stehend, haben wir trotzdem genossen. Direkt unterhalb
unserer Aussichtsplattform fing die Piste nach Foum-Zguid an. Fahren hätten wir
die Piste sicherlich können, aber Hilmar hatte nach den Erlebnissen der letzten
Wochen vorerst keine Lust mehr auf unwegsames, abenteuerliches Gelände. Mhamid
war somit Endstation. Auf dem Rückweg konnten
wir der Versuchung über den Sonntags-Souk von
Zagora zu stromern, nicht widerstehen.
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Wiederverwertung |
Nach einem kurzen Kaffeestopp im „Cafe Oscar“ hieß es schließlich endgültig:
„Auf Wiedersehen, Zagora!“ Mittlerweile fühlten wir uns schon richtig heimisch….
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