Es fühlt
sich immer noch alles so seltsam an!
Vor 2 Wochen sind wir wieder in einen komplett
anderen, neuen, teilweise irritierenden und doch vertrauten Kulturkreis
eingetaucht. Wir haben uns in Bishkek in einen Flieger gesetzt und sind in ca.
10 Stunden mit Stopp in Istanbul nach München geflogen. Es ist schon komisch,
innerhalb so kurzer Zeit wieder an den Ausgangspunkt der Reise zurück zu kehren
und die vertrauten Wände unseres Jonnys zurückzulassen.
Es hat etwas gedauert,
aber mittlerweile sind wir angekommen. Vor ein paar Tagen waren wir in der
Münchner Fußgängerzone unterwegs und trafen dort auf eine Gruppe mongolischer
Straßenmusiker. Pferdekopfgeige und Obertongesang. Vor 4 Monaten waren wir noch
dort. Die Musik hat uns eingefangen und in die Berge des Khangai-Gebirges
zurück versetzt, wo Pferde, Yaks, Ziegen und Schafe in Herden an einem vorbei
ziehen und uns daran erinnert, wieviel wir in den vergangenen 7 Monaten erleben
durften.
Khukh Mongol |
Am 19. Oktober kamen wir hier in München an und sind erst einmal
bei Iris Eltern abgetaucht. Bis dahin verbrachten wir geruhsame Tage in
Kasachstan. Bei unserem zweiten Besuch in Samarkand hatten wir uns eine
Erkältung eingefangen, die es erst einmal auszukurieren galt. Wir verbrachten
mehrere Tage in Shymkent und fanden auch unterwegs reizvolle Plätze, die zum
Bleiben einluden. In Almaty, das fast auf dem Weg liegt, haben wir unserem
Jonny in der uns bereits vertrauten Reifenwerkstatt zwei neue Reifen spendiert,
bevor es nach Kyrgystan ging. Auf dem Weg nach Almaty wurden wir zum ersten
Mal auf dieser Reise wegen einem vermeintlichen Verkehrsvergehen von der
Polizei gestoppt. Rechts ranfahren, Aussteigen, Papiere mitnehmen. Hilmar wurde
gebeten auf dem Beifahrersitz des Polizeiwagens, der bereits mit 3 Mann besetzt
war, Platz zu nehmen. Das Photo, das ihm auf dem Labtop gezeigt wurde, war
ziemlich eindeutig. Unser Jonny wurde geblitzt, wie er mit 66 Stundenkilometern
unterwegs war. Anscheinend gab es kurz vorher irgendwo ein Schild mit einer
50er Beschränkung. Bisher haben wir sehr genau aufgepasst, dieses Schild hatten
wir wohl übersehen. Da auch andere Verkehrsteilnehmer nicht ungeschoren davon kamen, zweifelten wir nicht an der Korrektheit der Maßnahme. Jetzt
ging es nur noch um den Preis. Die Herren gingen mit 300$ an den Start, Hilmar
hielt mit 30$ dagegen. Bei 50$ wurde der Deal schließlich per Handschlag besiegelt.
Wir wissen nicht, was ein kasachischer LKW-Fahrer zahlen muss, wenn er geblitzt
wird. Wir wissen nur – als Touristen zahlen wir definitiv immer mehr. Soll man
sich darüber ärgern? Oder riskieren, stundenlang auf einer Wache zu sitzen,
sofern man sich weigert zu zahlen? Wir entschieden uns für den einfachen Weg.
Kasachstan |
Wir verbrachten die Nacht auf dem Parkplatz vor dem
Museumsgelände und machten uns am nächsten Morgen, geweckt von mehreren Bussen,
deren Insassen alle einen Blick auf den
Turm werfen wollten, über kleine Landstraßen auf den Weg zu den heißen Quellen
von Issyk Ata.
Iris hatte zufällig in einem Prospekt davon gelesen. Die gut ausgebaute Straße endete auf ca. 1800 m ü.M. auf dem Parkplatz eines Sanatoriums, das schon bessere Tage gesehen hatte. Wie bei vielen öffentlichen Bauten in den ehemaligen Sowjetrepubliken bröckelt auch hier der Putz. Die Brunnen und Wasserspiele sind vermoost und liegen trocken, Risse klaffen im Mauerwerk und Gras wächst zwischen den Wegplatten im Park. Aber es ist Betrieb und das Sanatorium immer noch eine gute Adresse in Kyrgystan.
Issyk Ata |
Morgens wurden wir vom Gesang des Muezzin geweckt. Die 80
km nach Bishkek legten wir sehr schweigsam zurück. Seit zweieinhalb Jahren
leben wir in unserem Jonny, seit über 10 Jahren ist er immer in unserer Nähe und nun
sollten wir ihn einfach in Bishkek zurücklassen und für mehrere Monate nach
Deutschland fliegen?
Die vorausgegangenen Tage hatten wir uns Zeit genommen und
den bisherigen Reiseverlauf Revue passieren lassen.
Was waren die
Highlights?
Was war uns im Gedächtnis geblieben?
Auf dem Rückweg nach Bishkek |
Seit Anfang April haben wir
uns beständig durch ehemals sowjetisches Gebiet bewegt und einen Eindruck davon
erhalten, wie sich die einzelnen Staaten in den vergangenen 25 Jahren der
Unabhängigkeit entwickelt haben. Die Mongolei hat sich tief in unser Herz
gegraben, Russland mit seiner Offenheit Touristen gegenüber positiv überrascht
und die zentralasiatischen Republiken uns jeden Tag aufs Neue staunen
lassen. Unser Jonny hat, trotz der teilweise katastrophalen Straßen- und Pistenverhältnisse,
außer ein paar Steinschlägen an der Windschutzscheibe und der einen Reifenpanne
in Almaty, keine nennenswerten Schäden davon getragen. Die Menschen, die wir
trafen, begegneten uns nahezu ausnahmslos positiv und gesundheitlich haben wir
mit Wasser, Essen und Hygiene nie ein Problem gehabt. Was will man mehr? Wir
können nur hoffen, dass wir im nächsten Jahr ebensolche positiven Erfahrungen
machen werden.
Wir schauten noch kurz beim Hauptzollamt vorbei um sicher zu sein, dass wir unseren Jonny im nächsten Jahr auch problemlos wieder ausführen dürfen und keine Fristen versäumen. Kyrgystan ist seit kurzem Mitglied der 2014 initiierten Eurasischen Witschafts- und Zollunion. Kasachstan, Russland und Weißrussland waren die Gründerstaaten. Nach den derzeitigen Gesetzen darf ein ausländisches Fahrzeug bis zu einem Jahr innerhalb der Union verbleiben. Das russische Einfuhrdokument, das wir Mitte Juli bei Einreise aus der Mongolei kommend, erhalten haben, gibt uns genug Spielraum. Zukünftig könnte es für andere Reisende etwas enger werden, da die Mongolei auf der Liste der Anwärterstaaten steht.
Unseren Jonny wissen wir von Privatleuten unweit des Hostels gut behütet und denken, dass er dort über den Winter gut aufgehoben ist. Die Zeit zuhause wird uns nicht lang werden. Wir haben uns einiges vorgenommen, Familie und Freunde freuen sich über die unerwartete Reisepause. Die Zeit bis zum Rückflug im Februar wird wie im Flug vergehen!
Jonny in Bishkek |
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