Seit ein paar Tagen ist die Mongolei Geschichte. Unser Visum
hätte zwar noch länger Gültigkeit gehabt, aber für uns war es an der Zeit zu fahren.
Kurz hatten wir noch damit geliebäugelt, in Bayan-Ölgii das Naadamfest
mitzuerleben, uns kurzentschlossen aber für die Ausreise entschieden. Der westlichste Bezirk der Mongolei, der Aimag Bayan-Ölgii,
ist anders. Hier ist Kasachenland. Der Altai prägt das Leben der hiesigen
Nomaden durch seine Kargheit. Jurten sind ausschließlich in grünen Flussoasen
zu finden, die Viehherden sind kleiner und seltener. Aber auch die Mentalität
der Leute ist anders. In Ölgii, der Bezirkshauptstadt, geht es wesentlich
geschäftsmäßiger zu als im Rest des Landes, die Menschen tragen eine andere
Tracht und viele Frauen wieder Kopftuch. Der Islam ist hier die vorherrschende
Religion, 95% der Bevölkerung sind Kasachen.
auf der Nationalparkpiste zurück nach Ölgii |
Nach unseren, gemeinsam mit Marta und Stani verbrachten
Ruhetagen im Altai, kehrten wir nach Ölgii zurück. Noch waren wir unschlüssig,
ob wir die in 4 Tagen anstehenden Naadamfeierlichkeiten miterleben wollten. Hier
in Ölgii wurden die Wettbewerbe im Ringen, Bogenschießen und das durchaus
sehenswerte Pferderennen dieses Jahr am Wochenende nach dem eigentlichen
Feiertag ausgetragen. Nach einer am Ortsrand verbrachten Nacht erkundeten wir
am nächsten Tag den Ort. Duschen im örtlichen Badehaus, Einkaufen und Wassertanken
standen auf dem Programm. Wir waren überrascht, dass die Polizei den Ort
großräumig abriegelte und alles was 4 Räder hatte, aus dem Zentrum verbannte.
Nachdem wir in der westlichen Mongolei ab und zu aufgrund unserer Fahrzeughöhe
– inklusive Reservereifen auf dem Dach 3,70 m - Feindberührung mit den
innerörtlichen, tief über der Straße hängenden Stromleitungen hatten, wollten
wir unseren Jonny eh etwas außerhalb parken. Des Rätsels Lösung war – ein
hochrangiger kasachischer Politiker kam extra nach Ölgii geflogen, um auf dem
Hauptplatz eine Rede zu halten.
Soweit, so gut. Wir entschieden endgültig, die
Feierlichkeiten auszulassen und langsam die 100 km Richtung russische Grenze in
Angriff zu nehmen. Ein Tankwart machte uns noch darauf aufmerksam, dass am
Freitag, dem 15. Juli, die Grenze bei Tschaganuur geschlossen sei. Dies hielt
uns nicht davon ab, am Vorabend Richtung Landesgrenze aufzubrechen. Die
Landschaft war herrlich und wir genossen die abendliche Fahrt, auf der uns kein
einziges Auto entgegen kam. Kurz vor der Grenze fanden wir unweit der Piste einen
lauschigen Stellplatz und verbrachten eine stille, friedliche, vorerst letzte
Nacht auf mongolischem Boden.
Am nächsten Morgen fuhren wir ausgeruht die verbleibenden 3
km um den Berg herum, um uns vor den Schlagbaum anzustellen. Wir waren darauf
vorbereitet, den Freitag mit Warten zu verbringen, um am Samstag mit den Ersten
über die Grenze zu fahren. Die Abfertigung beginnt normalerweise morgens um 10
Uhr, die Grenzer machen eine Mittagspause, abends um 18 Uhr ist der Schlagbaum
wieder unten und sonntags ist geschlossen. Wir staunten nicht schlecht, als wir
Stani und Marta, deren Visa bereits am Vortag abgelaufen waren, an der Grenze
wieder trafen. Aufgrund der Feierlichkeiten im Bayan-Ölgii Distrikt war die
Grenze seit 6 Tagen dicht und wurde nur am Samstag für einen einzigen Tag wieder
geöffnet.
an der Grenze |
Der Land Rover der Beiden stand an vierter Stelle, wir an
10ter. Am nächsten Morgen standen Stani und Marta an Platz 10 und wir an 20ter
Stelle. Manche Bewohner des kleinen Grenzörtchens, das ausschließlich aus
Grenzbeamten und deren Angehörigen besteht, verstehen sich darauf, aus der Not
mancher Leute ein Geschäft zu machen. Die luxeriösen Fahrzeuge auf Platz 1 bis
10 gehörten überwiegend Russen. Die Vermutung liegt nahe, dass im Vorfeld für
die Platzhalter bezahlt wurde. Manch Kasache – und es waren viele – hielt ein
Plätzchen für einen Freund frei, man begrüßte sich, man kennt sich. Die Autos
waren wie gewohnt bis unters und auch auf dem Dach vollgepackt, die
Personenzahl im Auto jenseits des Erlaubten. Bei Hereinbrechen der Dunkelheit
war die Warteschlange auf ca. 80 Autos angewachsen. Und alle verbrachten die
Nacht an der Grenze, teils im Auto, teils in den kleinen Hütten entlang der
Zielgeraden. Einerseits herrschte eine sehr entspannte Stimmung. Am Wartetag
wurden Autos repariert und Freundschaften geknüpft. Das Verschieben und der Austausch
der Platzhalterautos führten am Abend allerdings zu diversen Missverständnissen
zwischen den geschäftstüchtigen, wodkabeseelten Herren, die sie auch mal mit
Fäusten austrugen. Wir behielten die Nerven und schauten uns das Spektakel aus
sicherer Entfernung an. Wie es schien, hatten wir uns einen der turbulentesten Tage des
Jahres für unsere Ausreise ausgesucht. Die Grenzer hatten ein Einsehen und
öffneten morgens überraschend die Pforten eine Stunde früher als üblich – was
wiederum kollektive Hektik unter den Wartenden auslöste. Nun war es die Kunst,
kein weiteres Fahrzeug zwischen uns und den Vordermann zu lassen, was uns
relativ gut gelang. Diejenigen, die sich doch dazwischen mogeln konnten, wurden
spätestens beim Einfahren in den Abfertigungsbereich von den Grenzern zur Seite
genommen und durften sich zur Strafe erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder in
die Schlange einreihen. Pech gehabt!
2 Stunden später wurden wir ins Niemandsland entlassen. Auf
den nächsten 20 km war das Wettrennen auf die besten Plätze an der russischen
Grenze eröffnet. Mit unserem Jonny hatten wir gegenüber den PKWs das Nachsehen
und dementsprechend viele Autos vor uns.
Die Russen nahmen es bei der Einreise sehr genau. Die
vollgepackten Autos der Kasachen mussten vollständig entladen werden. Jedes
Gepäckstück wurde wie am Flughafen zum Durchleuchten auf ein Laufband gelegt. Bei
uns beließen sie es bei Stichproben und den üblichen Fragen nach Waffen und
Drogen. Die freundliche Dame vom Zoll füllte die Zolldeklaration für uns aus.
Sie wollte sicherlich vermeiden, dass wir falsche Kreuze setzen. Nach insgesamt
4 Stunden hatten wir auch diese Hürde genommen und durften zum Tor ausfahren.
Jetzt im Nachhinein wird uns bewusst, wie sehr uns die
Mongolei gefordert hat. Wir haben jeden Moment genossen, wussten aber nie was
als nächstes auf uns zukommt. Die Mongolei ist unberechenbar. Mangels Sprachkenntnis
konnten wir selten nach dem fragen, was wir hätten wissen wollen. Wir mussten
uns oft überraschen lassen. Russland, das uns auf dem Hinweg noch sehr einfach
erschien, erscheint plötzlich in einem anderen Licht. Kein Fluss mehr, der
plötzlich brückenlos aus dem nichts erscheint und überquert werden will. Keine Piste
mehr, von der man nicht weiß, ob sie in einem Matschloch endet. Wir haben hier
im russischen Altai, indem es auch wieder Bäume gibt, unweit der Hauptstraße an
einem kleinen, klaren Bach, in der Nähe von Kuray ein lauschiges Plätzchen
gefunden, das uns für mehrere Tage festhielt. Hier haben wir bei sonnigem,
angenehm temperierten Wetter Hilmars Geburtstag verbracht und in mückenfreier
Umgebung unseren Jonny einem Frühjahrsputz unterzogen. Wir blicken auf das mit
Gletschern überzogene Gebirgsmassiv rund um den Aktru, einem weiteren 4000er in
dieser Gegend.
Die nächsten Tage werden wir auf der Suche nach Wifi und einer
Waschmaschine weiter den Chuisky-Trakt, der einzigen durch den russischen Altai
führenden Straße, folgen um bei Barnaul Richtung Kasachstan einzuschwenken.
Es
ist sehr schön und friedlich hier. Und so berechenbar……
2 Kommentare:
Hej Hilmar und Iris
Wie immer: toll zu lesen, interessant, schöne Impressionen und Foto´s.....
Denke oft an euch und wie es so geht. (Iris: auch dieses Mal war ich gerade einen Tag zu Früh auf euren Blog)
Die Bluse: super!!
Viel Freude weiterhin.
Een heel dikke drukker :-))
(hier ist es Afrikafest, ich höre seit 3 Tage den Musik bis bei mir:-) Toll einfach)
Hi und gute Reise weiterhin mit sauberen Fingernägeln,
Wir haben uns die letzte Zeit im Gran Chaco eingetrieben, mucho tranquilo.
LG Klaus und Gisi
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