Am Montag, den 30.Mai, sind wir in der Mongolei eingereist.
Hinter uns liegen geruhsame, entspannte Fahr-Tage. Nie mehr wie 150 km pro Tag
dümpelten wir von Irkutzk kommend am Südufer des Baikalsees entlang und
genossen die frühlingshaften Bedingungen – es gibt im Moment noch weit und
breit keine einzige Stechmücke!
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Am Baikal bei Kultuk |
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Am Baikalzufluss Snezhanya |
Vor unserem Aufbruch auf diese Reise gehörte
der Umgang mit den Mücken vom Baikalsee zu einer der größten Herausforderungen,
die vor uns lagen. Iris hatte extra noch ein neues Moskitonetz für unsere
Eingangstüre genäht! Es kam bisher nur einmal zum Einsatz und das weit, weit
vorher – irgendwo hinter Omsk, in der Weite der Taiga auf einem Stoppelacker,
hatten wir es einmal vorsichtshalber installiert. Aber da auch die Mongolei
nicht ganz mückenfrei sein soll, waren Iris Bemühungen sicherlich nicht
umsonst.
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Übernachtungsplatz 150 km vor der Grenze |
Die Landschaft, durch die wir fuhren, änderte sich hinter
Ulan-Ude drastisch. Nichts erinnerte mehr an die russische Taiga und die
endlosen Birkenwälder, die wir in den vergangen Wochen an verschiedenen
Längengrade in den unterschiedlichsten Phasen ihrer frühlingshaften
Vegetationsperiode erleben konnten. Waren sie bei Omsk vor fast 4 Wochen schon
mit frischem, hellgrünen Laub bestückt, ragten die schwarzweißen Stämme bei
unserer Ankunft am Baikalsee noch ziemlich kahl in den Himmel. Sanft
geschwungene Grashügel ziehen sich jetzt am Horizont entlang, keine Birke mehr
weit und breit. Bei Erreichen des südlich von Ulan-Ude gelegenen buddistischen Klosters
Iwolginsk, hatten wir das Gefühl bereits in der Mongolei zu sein.
Nach den
vielen, frisch herausgeputzten, orthodoxen Kirchen und Klöstern mit ihrem
strengen Ritus war es sehr entspannend, hier einfach spazieren zu gehen und dem
Alltagstreiben der Mönche zuzusehen. Im Kloster wird ein ganz besonderer
Heiliger verehrt, über den es in Youtube auch verschiedene Filme zu sehen gibt.
Ein- oder zweimal im Jahr wird er „ausgepackt“, was immer einen großen
Besucheransturm mit sich bringt. Bei unserer abendlichen Stippvisite Ende Mai
waren wir fast die einzigen Gäste.
Ab jetzt fahren wir wieder im Doppelpack. Karl-Heinz hatte
am Kloster auf uns gewartet. Es war Zeit, das Projekt „Grenzübertritt“ anzugehen. Erfahrungsberichte
sprechen von einem ziemlich zeitaufwendigen Stempelmarathon auf mongolischer
Seite, etwaige Mittagspausen der Grenzbeamten, die den ganzen Betrieb lahmlegen
und reisenden Mongolen, die sich immer wieder gerne vordrängeln. Wir waren
gespannt.
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Ganz Normal :-) |
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Grenzübergang Kjakhta/Altanbulag |
13 km vor der Grenze bei Kjakhta wurden auf russischer Seite unsere
Pässe erstmals kontrolliert. Um 10:50 rollten wir aufs Gelände, um 11:35 war
die 10 Minuten lange Zollinspektion beendet. Wir durften im Office die
abgestempelten Zolldokumente in Empfang nehmen und zur Passkontrolle
weiterfahren, 12:32 waren wir durch. Wäre nicht die Gruppe der nach uns
eingetroffenen sechs portugiesischen Motorradfahrer vor uns abgefertigt worden,
wäre es schneller gegangen. Die motorradfahrenden Herren hatten ihre Zweiräder
nach Wladiwostok verschifft, sie dort in Empfang genommen und haben jetzt 75
Tage Zeit, via Mongolei, Iran, Türkei und Griechenland zurück nach Portugal zu
fahren. Im Vergleich dazu sind wir sehr, sehr geruhsam unterwegs!
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Abends in der Mongolei |
Im Gegensatz zu uns haben die Portugiesen vor Start der
Reise intensiv russisch gepaukt und konnten uns so auf mongolischer Seite die
ein oder andere logistische Herausforderung erläutern. Zur mongolischen
Grenzabwicklung lässt sich nur eins sagen: strukturiertes, prozessorientiertes
Vorgehen sieht definitiv anders aus. Wichtig ist, keinen Stempel auszulassen.
Zuerst: Fahrzeughalter muss sein Fahrzeug am Häuschen neben der
Durchfahrtsschleuse registrieren lassen. Zweitens: Ab ins Haus,
Einreiseformular und Zolldeklaration ausfüllen und den Einreisestempel im Pass
einholen. Die zwei Mädel vom Immigrationoffice waren gut drauf und trällerten
auch schon mal vor sich hin. Zwischenzeitlich wollte immer wieder ein
Zollbeamter in grauer Uniform unser Auto inspizieren, ein anderer Beamter
meinte, Stempel im Pass ist wichtiger. Alles in allem waren wir 2 Stunden
später am Grenztor angelangt, nicht ohne vorher bei der Bank 100 € in ca. eine
Viertelmillion Tugrik gewechselt zu haben. Vor Verlassen des Grenzbereichs mussten
wir 10.000,- an Straßenbenutzungsgebühr und 42.500,- für die mongolische Autoversicherung
bezahlen. Ach ja, 100 Rubel für die Durchfahrt des im Eingangsbereichs
befindlichen Desinfektionswasserbads mussten irgendwo zwischendrin ebenfalls den
Besitzer wechseln. Leider ist im Grenzbereich das Fotografieren verboten, sonst
hätten wir zu gerne ein Foto von der hübschen jungen Dame an der Einfahrt zur mongolischen
Grenze gemacht. Hübsche weiße Bluse, enger Rock, hohe Stiefel und eine ganz,
ganz große Schirmmütze auf dem Kopf. Es ist eben jeder wichtig!
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Immer entlang der Peace Road |
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Eingang zum Markt |
Nun sitzen wir im Guesthouse Oasis in Ulan Bataar, haben
heiße Dusche und ein einigermaßen stabiles Wifi. Um das Guesthouse zu erreichen muss man einmal quer durch die Stadt, womit ein Teil vom Sightseeingprogramm bereits erledigt wäre. Unsere Aufenthaltserlaubnis
für die Mongolei konnten wir gestern problemlos beim Office of Immigration am
Airport um 3 Wochen verlängern und bereits auf dem großen „Schwarzmarkt“ in der
Stadt einige Einkäufe erledigen. Wir sind glücklich, endlich hier zu sein!
Einerseits sind wir am Ziel und doch wiederum am Anfang einer neuen Etappe und
irgendwie auch mittendrin. Im Guesthouse ergeben sich verschiedene Schwätzchen
mit meist motorradfahrenden Reisekollegen. Jeder, der sich auf den Weg in diese
Ecke der Welt macht, hat etwas Interessantes zu erzählen.
Einen ersten
intensiven Eindruck von mongolischer Kultur, der Landschaft, dem Nomadenleben
der Hirten und den uns in den nächsten Wochen erwartenden Straßenverhältnissen,
konnten wir zwischen Grenze und hier erhaschen.
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Auf dem Weg nach Amarbayasgalant |
Wir haben mit großer
Dankbarkeit im Herzen die ersten Ovoos, die häufig oben an einem Pass
zu finden sind, umrundet und dem Steinhügel weitere Steine zugefügt. Das
Nichtumrunden des Ovoos könnte zum persönlichen Nachteil gereichen, was wir
unter allen Umständen vermeiden wollen! Die Dankopfer, die die Mongolen hier
zusätzlich ablegen, könnten vielschichtiger nicht sein. Der 2-tägige Abstecher
zum abseits, in wunderbarer Alleinlage eindrucksvoll in den Bergen gelegenen Lamakloster
Amarbayasgalant wird uns noch lange in Erinnerung bleiben. 30 km teils
anspruchsvolle Piste mussten bewältigt werden um dorthin zu gelangen. Die
Mantragesänge der Mönche, denen wir am Morgen lauschen durften, werden uns
sicherlich noch lange bewegen.
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Kloster Amarbayasgalant |
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Unser Jonny ist hier auch zu sehen! |
Zurück auf der Hauptstraße suchten wir auf
halbem Weg nach Ulan-Bataar einen Nachtplatz und stießen völlig
überrascht überall an den schönen Plätzen auf mongolische Familien beim
Picknick. Degi, die deutschsprechende Managerin des Guesthouses, konnte das
Rätsel für uns ein paar Tage später auflösen. Der 1. Juni ist Feiertag! Der
„Kindertag“ gehört der Familie und da es einer der ersten wirklich heißen Tage
des Jahres war, zog es viele Stadtmongolen an die Flüsse und Seen der Umgebung.
Zu Ulan-Bataar, der Hauptstadt der Mongolei, in der mehr als
die Hälfte aller Mongolen leben sollen, könnte man einen langen Roman
schreiben. Von Bauboom und Aufbruch, von herausfordernd dichtem Straßenverkehr,
Smog und einem seit der Demokratisierung des Landes einsetzenden Geldfieber. Aber das ist eine eigene Geschichte, zu der wir hier nichts weiter erzählen wollen. Wir fühlen uns hier ganz wohl. Es gibt chaotischere Städte. Das Guesthouse Oasis
macht seinem Namen alle Ehre und die Erholung nach einem anstrengenden Stadttag
ist garantiert. Gestern war Ruhe angesagt. Heute geht es nochmal in die Stadt.
Karl-Heinz ist bereits vorgefahren. Wir werden ihm in 2 Tagen in Richtung
Bulgan folgen und freuen uns schon jetzt auf die eindrucksvollen, weitläufigen
Landschaften, die uns erwarten.
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Für Fiona :-) |
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